Türkei: Hochschwangere Frau wird kurz vor ihrer Entbindung inhaftiert

Von:dpa
Die zum zweiten Mal inhaftierte Mevlüde G. erwartet in Kürze ein Baby. Quelle: boldmedya.com

Die anhaltende Verhaftungswelle in der Türkei macht selbst vor Schwangeren keinen Halt. Die Regierung geht weiterhin rigoros gegen mutmaßliche Anhänger der Gülen-Bewegung vor. In einem aktuellen Fall wurde eine im siebten Monat schwangere Frau festgenommen.

Nach dem Putschversuch im Jahr 2016 wurden in der Türkei hunderttausende Menschen wegen angeblicher Mitgliedschaft in der Hizmet-Bewegung (besser bekannt als Gülen-Bewegung) verhaftet. Als Beweismittel dienten häufig ein Bankkonto bei der Bank Asya oder das Herunterladen der Smartphone-App ByLock.

Der EGMR hatte jedoch kürzlich entschieden, dass die ausschließliche Nutzung der ByLock-App nicht ausreichend sei, um jemanden der Zugehörigkeit zur Gülen-Bewegung zu beschuldigen und erst recht nicht zu verurteilen. Diese Entscheidung betrifft rund 8.500 Fälle vor dem Straßburger Gerichtshof, in denen die Verwendung der App als Hauptgrundlage für die Anklage diente.

Keine Alternativstrafe trotz besonderem Umstand

Trotz dieser Entscheidung geht die Verfolgung mutmaßlicher Anhänger der Gülen-Bewegung in der Türkei weiter. Vergangene Woche erregte der Fall einer schwangeren Hausfrau die Aufmerksamkeit im Land. Die im siebten Monat schwangere Mevlüde G. wurde festgenommen, obwohl sie aufgrund ihrer bevorstehenden Entbindung eine Alternative zur Inhaftierung beantragt hatte. Der Richter lehnte ihren Antrag jedoch ab und ordnete ihre Inhaftierung an.

Touristische Reise als Vorwand für angebliche Terrorverbindung

G. hatte 2015 in Şanlıurfa ein theologisches Studium absolviert und danach als Lehrerin gearbeitet. Sie war bereits 2022 mit elf weiteren Frauen festgenommen worden, weil sie während ihres Studiums in einer Gülen-nahen Einrichtung gewohnt haben soll. Als Beweismittel wurden unter anderem alltägliche Dinge wie eine Reise mit ihren Freundinnen nach Urfa angeführt