Iranische Nobelpreisträgerin Narges Mohammadi im Hungerstreik

Artikel von Nathan Giwerzew Berliner Zeitung

 

Menschenrechtsaktivistin Narges Mohammadi auf einem undatierten Foto.

Menschenrechtsaktivistin Narges Mohammadi auf einem undatierten Foto. © NARGES MOHAMMADI FOUNDATION/AFP
 

Friedensnobelpreisträgerin Narges Mohammadi kämpft seit Jahrzehnten für das gleiche Ziel: Sie protestiert gegen den Kopftuchzwang im Iran, gegen Menschenrechtsverletzungen durch das Mullah-Regime und die Misshandlung von politischen Häftlingen. Sie ist Vizepräsidentin des iranischen Zentrums für die Verteidigung der Menschenrechte (DHRC) und seit 2021 im berüchtigten Teheraner Evin-Gefängnis inhaftiert.

Jetzt ist sie in den Hungerstreik getreten, wie ihre Familie berichtete. Ihrer Familie zufolge wurde Mohammadi der Transport zu einer dringend benötigten medizinischen Behandlung in einer Herzklinik verwehrt, weil sie sich weigerte, dem Kopftuchzwang Folge zu leisten.

Die heute 51-Jährige wurde erstmals 1998 verhaftet, als sie während ihres Studiums feministische Artikel für eine Studentenzeitung schrieb und an Treffen einer politischen Studentengruppe teilnahm. Sie studierte Physik und wurde Ingenieurin, anschließend arbeitete sie als Journalistin. Ihr Ehemann Taghi Rahmani, ebenfalls als Journalist in der iranischen Reformbewegung aktiv, ging 2012 nach 14 Jahren Haft ins französische Exil.

Zu diesem Zeitpunkt wurde Mohammadi erneut für sechs Jahre inhaftiert. Der Vorwurf: „Propaganda gegen den Staat“. 2019 ging sie erstmals in den Hungerstreik, um dagegen zu protestieren, dass ihr medizinische Versorgung verwehrt wurde. Mit einer Sitzblockade demonstrierte sie außerdem gemeinsam mit Mitgefangenen gegen die Misshandlungen und Hinrichtungen von politischen Häftlingen.

Zwei Jahre darauf dokumentierte sie detailliert, welcher Art von Misshandlungen und sexuellem Missbrauch sie selbst und andere Frauen im Evin-Gefängnis ausgesetzt waren – und wurde prompt erneut für mehrere Jahre inhaftiert. Die feministischen Proteste im Iran, die 2022 nach dem Tod der von „Sittenwächtern“ totgeschlagenen Kurdin Mahsa Amini ausgebrochen waren, konnte sie nur aus der Gefängniszelle mitverfolgen. Aminis einziges Vergehen: Sie hatte sich geweigert, in der Öffentlichkeit das Kopftuch anzulegen.

Die Vorsitzende des Friedensnobelpreis-Komitees, Berit Reiss-Andersen, würdigte Mohammadi in einer Rede im Oktober „für ihren Kampf gegen die Unterdrückung der Frauen im Iran und ihren Kampf für die Förderung der Menschenrechte und der Freiheit für alle“. Ob Mohammadi den Preis jemals persönlich entgegennehmen kann, steht in den Sternen.