Flüchtlingspolitik: Länder setzen Kanzleramt eine Frist für Prüfung der Drittstaaten-Lösung

Bei den Beratungen mit dem Kanzler machen die Länderchefs bei einem heiklen Thema Druck: Sie fordern Olaf Scholz auf, bis Juni Ergebnisse zur Prüfung der sogenannten Drittstaatenlösung vorlegen.

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Flüchtlingspolitik: Länder setzen Kanzleramt eine Frist für Prüfung der Drittstaaten-Lösung © Michael Kappeler / dpa

Die Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten der Länder zeigen sich bei einem umstrittenen Thema parteiübergreifend einig: Nach SPIEGEL-Informationen fordern sie Olaf Scholz bei ihrem Treffen mit dem Kanzler auf, bis zur nächsten geplanten gemeinsamen Runde am 20. Juni Ergebnisse zur Prüfung der sogenannten Drittstaatenlösung vorzulegen.

 Das geht aus dem aktuellen Entwurf für die Beschlussvorlage zu den Gesprächen hervor, die derzeit in der hessischen Landesvertretung in Berlin laufen. Es liegt dem SPIEGEL vor. Das Kanzleramt hat dem Vernehmen nach eine sehr viel offenere Zeitschiene angeboten – dabei war von einer Prüfung bis Sommer 2024 die Rede. Diese Formulierung war den Ländern offenkundig zu dehnbar.

Kritik der unionsgeführten Länder an Scholz

Es geht um die Frage, ob man den Schutzstatus von Geflüchteten künftig auch in Transit- oder Drittstaaten außerhalb der Europäischen Union vornehmen kann. Die Idee wird schon seit Längerem vor allem von CDU und CSU propagiert, allerdings hatten sich im vergangenen Jahr auch Vertreter von SPD und Grünen offen dafür gezeigt. Beim Treffen der Länderchefs mit dem Kanzler im vergangenen November hatte Scholz zugesagt, dies prüfen zu lassen.

Hintergrund der Forderung nach einem konkreten Zeitrahmen ist Kritik der unionsgeführten Länder an Scholz im Vorfeld des Treffens. Aus ihrer Sicht hat das Kanzleramt seit den Beschlüssen im vergangenen Herbst zu wenig getan, um die Umsetzung voranzutreiben. Aus der SPD kamen dagegen vor den Beratungen Appelle, die Flüchtlingsdebatte nicht auf diese Weise anzuheizen – zudem wurden die Länder in die Pflicht genommen, getroffene Vereinbarungen umzusetzen.

Das Treffen der Ministerpräsidenten mit Scholz läuft diesmal anders ab als sonst: Nicht der Kanzler hat die Länderchefs in die Regierungszentrale eingeladen, sondern er ist zu Gast in der Landesvertretung Hessens in Berlin. Das Bundesland hat derzeit den Vorsitz der Ministerpräsidentenkonferenz (MPK) inne. Seine Anwesenheit ist auf das Gespräch zur Flüchtlingspolitik beschränkt.

Die Länder trafen sich bereits am Vormittag. Außer den Beratungen zur Flüchtlingspolitik stehen eine Reihe weiterer Themen auf der Agenda: etwa Energiepreise, ein Pakt für Planungsbeschleunigung, Landwirtschaft und eine Reform des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Es wird erwartet, dass die Gespräche der Länder auch nach den Beratungen mit Scholz weitergehen.