Berlins Sozialsenatorin Cansel Kiziltepe: Scharfe Kritik an Bund-Länder-Beschlüssen zur Migration

Artikel von chg/AFP Berliner Zeitung

Berlins Sozialsenatorin Cansel Kiziltepe (SPD) ist mit den Beschlüssen von Bund-und Ländern nicht zufrieden.

Berlins Sozialsenatorin Cansel Kiziltepe (SPD) ist mit den Beschlüssen von Bund-und Ländern nicht zufrieden. © Christophe Gateau/dpa
 

Berlins Sozialsenatorin Cansel Kiziltepe (SPD) hat die Beschlüsse von Bund und Ländern zur Eindämmung der Migration nach Deutschland scharf kritisiert. Sie widerspricht damit dem Regierenden Bürgermeister Kai Wegner (CDU), der diese Beschlüsse zuletzt gelobt hatte.

Kiziltepe sagte dem Nachrichtenmagazin Spiegel, dass Arbeitsgelegenheiten für Geflüchtete für ein Entgelt von 80 Cent bis ein Euro diskutiert würden, sei „aus integrationspolitischer Sicht ein großer Rückschritt“. Die Idee erinnere „fatalerweise an die gescheiterten 1-Euro-Jobs der Hartz-Gesetzgebung“.

Auch das Vorhaben, statt Geld Bezahlkarten auszugeben, hält die SPD-Politikerin für falsch. Dieser Weg würde „eine enorme Stigmatisierung von geflüchteten Menschen bedeuten“, so Kiziltepe.

„Menschen fliehen aus dramatischen Notlagen wie Krieg und Vertreibung und machen ihre Entscheidungen nicht von Art und Form einer Sozialleistung abhängig.“ Stattdessen brauche es eine leistungsfähige Infrastruktur zur Integration und schlankere Gesetzgebung.

Das Geld, das der Bund den Ländern und Kommunen für Flüchtlinge versprochen habe, reiche nicht aus. „Jeder Euro, den wir heute aufgrund der rigiden Vorgaben der Schuldenbremse nicht sinnvoll ausgeben können, wird uns in einigen Jahren doppelt und dreifach als zusätzliche Kosten auf die Füße fallen“, so Kiziltepe „Der vorliegende Beschluss ist nicht geeignet, bestehende Probleme der Länder und Kommunen zu lösen.“

Die Überlegung, Asylverfahren in Drittstaaten auszulagern, hält sie für nicht geeignet. Eine Auslagerung stelle zudem „faktisch einen Austritt aus der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) und der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) dar“, so die Sozialdemokratin. Diese seien eine unmittelbare Reaktion der Vereinten Nationen und Europas auf die Schoa und das Scheitern der internationalen Staatengemeinschaft gewesen. „Dies sollten wir uns gerade jetzt ins Gedächtnis rufen“, sagte Kiziltepe.

Die Spitzen von Bund und Ländern hatten sich in der Nacht zu Dienstag auf ein neues System zur Finanzierung und Steuerung der Asylpolitik geeinigt. Der Bund werde künftig jährlich pauschal 7500 Euro pro Flüchtling zahlen, sagte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD). Zudem sollen Leistungen für Asylbewerber gekürzt und die Kontrollen an den Grenzen zu Nachbarländern verlängert werden.