Migrationsdebatte brodelt: Bamf-Chef schreibt Brandbrief an Faeser

Artikel von Lisa Mariella Löw( Merkur )

Migrationsdebatte brodelt: Bamf-Chef schreibt Brandbrief an Faeser

Fast doppelt so viele Asylsuchende wie angegeben, gibt es laut dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge. Der Ansturm sei nicht mehr zu bewältigen. Wird Faeser eingreifen?

Berlin – Dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) fehlen hunderte Millionen Euro und Personal, da die wahren Zahlen der Asylsuchenden in Deutschland fast doppelt so hoch seien wie angegeben. Das schrieb BAMF-Chef Hans-Eckard Sommer in einem Brandbrief an Innenministerin Nancy Faeser (SPD), wie Focus Online berichtete. Er schlägt damit noch vor dem Treffen mit Faeser am 14. November Alarm.

Deutschland ächze unter dem Zustrom von Geflüchteten. Die Lage sei „äußerst kritisch“, die wahren Zahlen noch viel höher, die finanziellen Mittel nicht ausreichend, erläuterte Hans-Eckard Sommer in seinem Brandbrief am 3. November. Offiziell habe es in den jüngsten Monaten jeweils etwas mehr als 30.000 Asylgesuche in Deutschland gegeben. Doch „diese Zahlen geben den tatsächlichen Asylzugang nicht wieder“, schrieb Sommer. „Die Länder haben mittlerweile erhebliche Registrierungsrückstände, sodass wir es tatsächlich im September mit rund 50.000 und im Oktober mit rund 55.000 Zugängen zu tun hatten.“

Hunderte Millionen Euro fehlen dem Bamf

 

Nancy Faeser zu Koalitionsverhandlungen mit CDU-Hessen

Nancy Faeser zu Koalitionsverhandlungen mit CDU-Hessen © Bereitgestellt von Merkur

 

Es gebe bereits 280.000 Asylgesuche statt der offiziell dargestellten 244.000. Bei den Erstanträgen gebe es 49.000 mehr als bisher registriert. Statt die Asylgesuche wie angekündigt schneller zu bearbeiten, stapeln sich die Anträge immer höher.

Hinzu komme die schwierige Personalsituation. Denn aktuell bekäme er kaum feste Stellen. Stattdessen müsse er auf Leiharbeitskräfte und befristete Verträge setzen. Zudem leidet die Digitalisierung der Behörde unter fehlenden IT-Fachleuten. Sommer schreibt, es fehlten hunderte Millionen Euro, um das Bamf für die Herausfo

rderungen zu rüsten.

Brandbrief an Faeser: Bamf-Chef richtet Appell an Ministerin

Deswegen müsse er darauf hinweisen, „dass die vorgesehenen Mittel und Stellen in keiner Weise ausreichen“. Das Bamf sei unterbesetzt und werde den Ansturm nicht bewältigen können, wie Focus Online berichtet. Sein Appell an Faeser ist eindeutig: „Ich bin auf Ihre Unterstützung angewiesen.“

Der Bamf-Chef ist nicht der erste, der einen Brandbrief an die Innenministerin verfasst hat. Bereits im September wandte sich Sebastian Gruber (CSU), Landrat von Freyung-Grafenau, an Faeser. Er schrieb, dass er mit seinem Landkreis direkt an der Grenze zu Tschechien überfordert sei und forderte sie auf, die Probleme ernster zu nehmen,

wie der Bayrische Rundfunk berichtete.

Auch die nordrhein-westfälische Integrations- und Flüchtlingsministerin Josefine Paul (Grüne) hat im Oktober in einem Brandbrief an Faeser gefordert, dringend die Bamf-Kapazitäten zu erweitern. „Die Bundesinnenministerin hätte in gleicher Weise in ihrer Zuständigkeit beim Bamf längst für mehr Personal sorgen müssen“, sagte Paul der Westdeutschen Zeitung. Und auch Bundeskanzler Olaf Scholz hat bereits einen Brandbrief wegen den steigenden Flüchtlingszahlen bekommen. (Lisa Mariella Löw)