Wahlkampf in der Türkei: Gemeinsam gegen Flüchtlinge

">
Syrische Flüchtlinge in einem Lager in der Türkei. Foto: Julie Ricard / Unsplash

Geflüchtete im Fokus: Im türkischen Wahlkampf geraten Migranten ins Blickfeld der Parteien. Während die Opposition gegen Syrer wettert, will der Präsident sie gleich nach Hause schicken. Die Stimmung wird hitziger.

Einen Monat vor den Wahlen in der Türkei geht der Wettstreit um Stimmen in die heiße Phase. Die Stimmung wird hitziger. Denn im traditionell heftig geführten Wahlkampf geraten immer häufiger die Schwächsten der Schwachen ins Visier der Parteien: Geflüchtete.

In einem Video, das den Titel „Ungebetene Gäste“ trägt, macht die oppositionelle İyi-Partei Stimmung gegen Migrant:innen. Darin zu sehen: Syrer:innen, die über die Grenze ins Land strömen. Türken, die beklagen, sich wie Bürger zweiter Klasse zu fühlen. Und Äußerungen des Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan.

3,6 Millionen Syrer leben in der Türkei

Im Clip der rechtskonservativen Partei, die als Teil des Sechser-Bündnisses gegen Erdoğan antritt, ist von „einer löchrigen Grenze“ und einer „ständig wachsenden Gefahr“ durch angeblich gewalttätige Ausländer:innen die Rede. Dass die Partei von Meral Akşener gegen Migrant:innen wettert, ist keine Überraschung. Doch sie ist nicht allein.

Bedenklich ist, dass sowohl Regierung als auch Opposition versprechen, rigoros gegen syrische Flüchtlinge vorzugehen. Das Thema sorgt seit Jahren für politischen und sozialen Zündstoff. Die Türkei hat 3,6 Millionen Syrer:innen und hunderttausende weitere Migrant:innen aus Afghanistan und anderen Ländern aufgenommen – mehr als jedes andere Land.

Kılıçdaroğlu verfolgt „Türkei zuerst“-Politik

Es wächst der Unmut gegen die Neuankömmlinge. In der Vergangenheit gab es wiederholt Pogrom-ähnliche Gewalt gegen sie. Umfragen zufolge wollen mehr als 90 Prozent der Türk:innen, dass die Syrer:innen ihr Land verlassen. Auch Kemal Kılıçdaroğlu, Erdoğans Herausforderer bei der Präsidentschaftswahl, stimmte früh in diesen Kanon ein.

Bereits 2021 kündigte er an, alle Syrer:innen binnen zwei Jahren aus der Türkei nach Hause zu schicken. Damit traf er offensichtlich einen Nerv. Der Präsidentschaftskandidat sagte außerdem in einem Interview an, er werde – sollte er die Wahl gewinnen – den Flüchtlingspakt mit der EU unter dem Motto „Türkei zuerst“ neu verhandeln.

Parteien schüren Angst vor Überfremdung

Während die Parteien, mit den besten Aussichten auf das wichtigste Amt im Staat, weiter die Angst vor Überfremdung schüren, gibt es aber auch Gegenstimmen. Die pro-kurdische Grünen-Links-Partei, die nicht zum Sechser-Bündnis zählt, aber Kılıçdaroğlu unterstützt, möchte Menschenrechtsfragen, wie das Flüchtlingsthema, nicht zur Verhandlungsmasse machen.

Erdoğan bemüht sich indes um eine kurzfristige Lösung der Problematik. Dafür drängt er auf ein Treffen mit dem syrischen Machthaber Baschar al-Assad. Mit der Führung in Damaskus kam es zwar jüngst zu einer Annäherung, Assad kommt der Bitte aber aktuell nicht nach. Es scheint, als wolle er Erdoğan nicht im Wahlkampf helf