Trotz Job und Unterstützer: Nach zehn Jahren droht nun die Abschiebung

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Drohende Abschiebung: Hany Louka lebt und arbeitet in Gangelt. Nach zehn Jahren soll er nun zurück nach Ägypten. Dort rechnet er mit dem Gefängnis und Folter. Foto: MHA/Michèle-Cathrin Zeidler

Gangelt Bis Ende des Monats soll Hany Louka Deutschland in Richtung Ägypten verlassen. In seiner Heimat fürchtet er aufgrund seines Glaubens um sein Leben.

Redakteurin

Vor mittlerweile fast zehn Jahren ist Hany Louka aus Ägypten nach Deutschland geflüchtet. In seiner Heimat Kairo wurde der koptische Christ aufgrund seines Glaubens verfolgt und bedroht. Seit fünf Jahren lebt Louka mittlerweile in Gangelt. Er hat die Sprache gelernt, eine Ausbildung zur Restaurantfachkraft erfolgreich abgeschlossen und arbeitet heute in einem Gangelter Restaurant. Nun soll er bis Ende des Monats das Land verlassen – ansonsten droht die Abschiebung.

„Ich habe Angst“, erzählt Louka. Seine Stimme überschlägt sich beim Reden, er ist den Tränen nahe. „Angst vor dem, was in Ägypten am Flughafen passiert.“ Erst kürzlich sei ein Freund abgeschoben worden. „Nach der Einreisekontrolle kam er direkt ins Gefängnis.“ Die Religion sei im Pass verzeichnet, der längere Aufenthalt im Ausland habe folgenreiche Konsequenzen. „Es heißt dann, dass man dem Islam schadet, den Ruf befleckt“, berichtet Louka. „Das steht unter Strafe.“ Im Gefängnis sei sein Freund gefoltert worden, bis er schließlich nur noch einen Ausweg sah: Selbstmord. „Christen haben in Ägypten einfach keinen Richter auf ihrer Seite.“

Die koptischen Christen in Ägypten sind mit den Muslimen formell gleichberechtigt. Doch die religiöse Minderheit wird immer wieder zur Zielscheibe von Gewalt. Das katholische Hilfswerk Kirche in Not ACN mit Schweizer Sitz in Luzern berichtete in der Vergangenheit immer wieder von Übergriffen auf Christen in Ägypten und Bombenanschlägen auf dortige Kirchen. Seit Abd al-Fattah as-Sisi im Jahr 2014 Staatspräsident wurde, haben Christen in seinem Land zwar etwas mehr Rechte, beispielsweise dürfen wieder Kirchen gebaut werden. Dennoch lebt die christliche Bevölkerung laut dem Hilfswerk weiterhin in Gefahr. Anschläge finden nach wie vor statt, und seit die IS-Terrormiliz 2017 den Kopten den Krieg erklärt hat, häufen sich gemäß Kirche in Not die Gewaltexzesse.

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Noch ist diese Gefahr weit weg, doch für Louka rückt sie immer näher. Er hat in Gangelt viele Freunde und Unterstützer gefunden. „Hany ist topintegriert, hat einen festen Arbeitsvertrag, eine Wohnung und finanziert sein Leben komplett selbst. Das Ganze ist für mich unverständlich“, erzählt Ingrid Heim. Sie hat Louka bereits im Jahr 2019 vor der Härtefallkommission geholfen, die damals zugunsten des Ägypters urteilte.

Das letzte Wort hat aber die Ausländerbehörde im Kreis Heinsberg, die sich prinzipiell nicht zu Einzelfällen äußert. „Sie erkennen das Urteil nicht an“, weiß Heim. Der Grund: Louka ist vorbestraft.

Im Oktober 2015 ist der Flüchtling in einen Konflikt zwischen seinem damaligen Arbeitgeber und einem Bekannten geraten. Dieser Streit landete schließlich vor Gericht und Louka musste dort als Zeuge aussagen. Das Gericht sah es als nicht glaubhaft an, dass Louka, obwohl er zu diesem Zeitpunkt nur wenig Deutsch verstand, von dem Vorfall nichts mitbekommen habe. Der Richter verurteilte ihn wegen vorsätzlicher Falschaussage zu 120 Tagessätzen à 10 Euro plus Gebühren für die Ratenzahlung.

„Er verstand die Sprache nicht, hatte keinen Anwalt“, so Heim, die in dem Ägypter eine Art Sohn gefunden hat. Ansonsten wäre der Fall ihrer Meinung nach anders verlaufen. So aber wurde ihm der Status als anerkannter Flüchtling dauerhaft verwehrt, er wurde lediglich unter Auflagen geduldet – mit der Konsequenz, dass er von Monat zu Monat seine Aufenthaltsgenehmigung bei der Ausländerbehörde des Kreises Heinsberg verlängern lassen muss. „Bei 90 Tagessätzen wäre die Lage schon eine andere. Das ist einfach unglaublich“, findet Siegfried Schlesiger, ein weiterer Unterstützer des Ägypters.

Nun droht ihm das Aus“, sagt Heim. Der Aufenthalt wird nicht mehr verlängert. Und das, obwohl ihm als koptischem Christen in seinem Heimatland Verfolgung drohe: „Niemand, der den Fall verfolgt hat, hat dafür Verständnis, am wenigsten sein Arbeitgeber, der aktuell wegen Personalmangel sein Restaurant nur noch eingeschränkt öffnen kann.“ „Wir tun ihm damit unrecht“, findet auch Schlesiger.

Hany Louka fehlen mittlerweile die Worte. „Ich weiß nicht, was ich noch machen soll“, sagt er. Die freiwillige Ausreise sei für ihn keine Option. So oder so stehe er am Ende vor den gefürchteten Kontrollen am Ägypter Flughafen. Er hofft noch immer auf ein Wunder in letzter Minute. „Die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt“, so Heim