Krank, keine Papiere: Die meisten ausreisepflichtigen Asylbewerber in Berlin werden geduldet
Rund 900 abgelehnte Asylbewerber wurden 2022 aus Berlin abgeschoben. Fast zehnmal so viele gingen freiwillig zurück. Rund 17.000 durften zunächst bleiben.
In Berlin befanden sich zum Zeitpunkt 31. Dezember 2022 insgesamt 18.399 ausreisepflichtige Ausländerinnen und Ausländer in der Zuständigkeit des Landesamts für Einwanderung (LEA). 16.965 von ihnen wurden – wegen fehlender Reisedokumente, aus medizinischen oder aus sonstigen Gründen – geduldet. Das teilte die Senatsverwaltung für Inneres, Digitalisierung und Sport auf eine Anfrage des rechtspolitischen Sprechers der AfD im Abgeordnetenhaus, Marc Vallendar, mit.
Den Angaben des LEA zufolge sind im vergangenen Jahr 897 abgelehnte Asylbewerberinnen und Asylbewerber abgeschoben worden. In demselben Zeitraum sind 8910 abgelehnte Asylbewerber sowie andere Menschen mit nichtdeutschem Pass freiwillig in ihre Herkunftsländer beziehungsweise in Drittstaaten ausgereist.
Dabei erhielten 441 Menschen bei ihrer freiwilligen Rückkehr eine Förderung. In 340 Fällen erfolgte dies mit Mitteln aus einem Programm, das Bund und Länder gemeinsam finanzieren.
Die meisten ausreisepflichtigen Ausländer kamen aus der Republik Moldau (3424/18,61 Prozent), Irak (1771), Russische Förderation (1266), Libanonen (1002) und Afghanistan (882). In 1971 Fällen war das Herkunftsland ungeklärt. Zum 31. Dezember 2022 hatten 1377 Personen eine Duldung, weil ihre Identität ungeklärt war.
Wie sich die Abschiebungen verteilen
765 ausreisepflichtige Menschen wurden 2022 in ihre jeweiligen Herkunftsländer abgeschoben, 122 entsprechend der Dublin-Verordnung in andere EU-Staaten. Ein sogenannter Dublin-Fall liegt vor, wenn ein Asylsuchender hierzulande einen Asylantrag stellt, für den jedoch aufgrund der Dublin-III-Verordnung nicht Deutschland, sondern ein anderer EU-Staat zuständig ist.
162 Menschen wurden im vergangenen Jahr aus der Strafhaft abgeschoben. Statistisch ist nach Angaben der Innenverwaltung nicht erfasst, wie viele abgelehnte Asylbewerberinnen und Asylbewerber sich darunter befanden.
AfD-Politiker Vallendar sagte zu den Angaben der Senats-Innenverwaltung: „Lediglich 122 Antragsteller wurden gemäß der Dublin-Verordnung in andere EU-Staaten zurückgeführt, obwohl nahezu alle Asylsuchenden über die EU einreisen und daher ihren Antrag dort stellen müssten.“ Ebenso „krass“ sei das Missverhältnis beim Rechtsstatus „vollziehbar ausreisepflichtig“. Dieser werde vollkommen entwertet, wenn 92 Prozent der betroffenen Personen dann doch über eine Duldung in Berlin bleiben dürften.
In Berlin haben 2022 fast doppelt so viele Menschen Asyl beantragt wie noch im Jahr zuvor. Das Landesamt für Flüchtlingsangelegenheiten (LAF) zählte 14.704 Asylanträge. Insgesamt leben mehr als 90.000 Flüchtlinge in Berlin.
Aufgrund der hohen Zahlen geflüchteter Menschen hat Berlin mit enormen Herausforderungen bei der Unterbringung sowie bei der Verteilung von Schulplätzen zu kämpfen. Zahlreiche Kinder stehen noch immer auf Wartelisten für einen Schulplatz.