Was läuft eigentlich in der BIG Partei?

 
 
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BIG und AKP auf einem Bild: Haluk Yıldız mit Mustafa Yeneroğlu (mittlerweile nicht mehr in der AKP) und Ismet Mısırlıoğlu (von links nach rechts).
 

In unserer Mini-Reihe widmen wir uns den türkischen Kleinstparteien in Deutschland. Heute geht es um die wohl wichtigste, um das „Bündnis für Innovation und Gerechtigkeit“.

Das „Bündnis für Innovation und Gerechtigkeit“ (kurz BIG) ist die vermutlich erste von überwiegend türkischen Personen gegründete Partei in Deutschland. Gründer ist Haluk Yıldız, ein bekennender Erdoğan-Unterstützer, wie in den letzten Jahren in zahlreichen TV-Auftritten deutlich wurde. Er trat unter anderem bei ARD-Monitor, Phoenix und im ZDF bei Maybrit Illner auf und stellte sich stramm hinter den türkischen Machthaber. Ansonsten gibt sich Yıldız eher moderat, bezeichnet sich selbst als „Brückenbauer“.

 

Haluk Yıldız im Vergleich zur Konkurrenz eher besonnen

In direkter Konkurrenz steht BIG zur „Allianz Deutscher Demokraten“ (AD-D). Verglichen mit den „Ausrastern“ in den Reihen der AD-D kann Yıldız als besonnener und ruhiger Politiker bezeichnet werden. Dennoch ist die deutlich erfahrenere und vermeintlich besser aufgestellte BIG Partei nicht sonderlich erfolgreicher. Sie verfolgt seit 2010 das selbsterklärte Ziel, die Interessen von Migrant:innen zu verteidigen. Bei den Europawahlen 2019 schaffte die Partei mit 68.647 Stimmen ein Ergebnis von 0,2 Prozent. Bei den Landtagswahlen in Nordrhein-Westfalen kam BIG sogar auf 0,4 Prozent bei knapp 30.000 Wähler:innen. Dennoch fand der aufopferungsvolle Einsatz des Parteivorsitzenden Yıldız für die türkische Regierungspartei AKP nie große Beachtung bei ihr.

Gnadenstoß durch Erdoğans Unterstützung für AD-D

Als dann der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan im September 2017 bei einer Pressekonferenz zur Unterstützung der AD-D aufrief, traf das die BIG-Gefolgschaft ins Mark. Noch vor dem Pressestatement des türkischen Präsidenten glaubten sie noch an Konsequenzen für die AD-D, weil diese auf Wahlplakaten das Abbild von Erdoğan nutzte – anscheinend ungefragt. „So dumm kann man doch nicht sein. Die türkische Regierung wird damit sicherlich abrechnen“, vermuteten BIG-Unterstützer. Doch das Gegenteil geschah.

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Ganz nah dran an der AKP-Lobbyorganisation UETD

Bei einem genaueren Blick auf die BIG-Mitglieder wird deutlich, wie stark die Partei mit der AKP-Lobbyorganisation „Union Europäisch-Türkischer Demokraten“ (UETD) verwoben sind. Diese heißt heute „Union Internationaler Demokraten“. Folgende BIG-Mitglieder haben oder hatten eine Funktion in der „UETD“:

  • – Yaşar Erdoğan, BIG-Landesvorsitzender Hamburg, war Vorsitzender der Hamburger Niederlassung der „UETD“;
  • – Şahin Salbars, BIG-Landesvorsitzender Bremen, war bis 2010 Generalsekretär der „UETD“ in Bremen;
  • – Yaşar Mert, BIG-Landesvorsitzender Baden-Württemberg, engagierte sich ebenfalls in der „UETD“ in Baden-Württemberg;
  • – Ahmet Aksoy, BIG-Landesvorstandsmitglied NRW, war Vorsitzender der „UETD“ in Solingen.

Stellvertretender Vorsitzender Mısırlıoğlu betreibt Denunziation

Landesvorsitzender der BIG-Berlin und stellvertretender Bundesvorsitzender ist ein gewisser Ismet Mısırlıoğlu. Er sorgte mit seinem Hinweis auf den vermeintlichen Aufenthaltsort des in der Türkei gesuchten Adil Öksüz für einen Artikel im türkischen Regierungsblatt „Sabah“. Öksüz gilt für die türkischen Behörden als einer der Drahtzieher in der Nacht vom Putschversuch am 15. Juli 2016. Dennoch sind in dieser Causa noch dutzende Fragen ungeklärt. So auch der Aufenthaltsort von Öksüz. Darum ranken sich viele Mythen. Eine davon besagt, dass er in Deutschland versteckt werde, da er sensible Daten geliefert habe.

Zusammenarbeit mit türkischem Regierungsblatt „Sabah“

Durch die Denunziation von Mısırlıoğlu wurde eine Person in Berlin verunglimpft und hochgradig gefährdet. In dem Artikel tauchten detaillierte Fotos des angeblichen Aufenthaltsorts auf sowie der Name der beschuldigten Person. Bei dem angeblichen Wohnort handelt es sich um ein Mehrfamilienhaus mitten in der Hauptstadt. Auch in anderen Teilen von Deutschland wurden in den vergangenen drei Jahren mehrfach völlig unbegründet Personen aus der türkischen Community auf dieselbe Art verunglimpft.

Es reicht dabei oft aus, dass ein Anhänger der Regierung einen einfachen Verdacht äußert. Kurz darauf erscheinen Artikel in Medien wie Sabah, zum Teil mit den Namen der voreilig und zu unrecht verdächtigten Personen. Dabei werden deren Persönlichkeitsrechte überhaupt nicht beachtet. Mısırlıoğlus Verdacht entpuppte sich letztlich auch als Reinfall. Wo sich Öksüz aufhält, ist bis heute weiter ungeklärt. Was die BIG Partei angeht: mit Einsatz für die Rechte von Migranten hat diese Art von Denunziation nichts zu tun.