Familiennachzug nimmt ab: Viele scheitern an Test, den Ampel-Koalition abschaffen wollte
Artikel von Christoph Gschoßmann / F:R
Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) will die Rückkehr syrischer Geflüchteter jetzt mit finanziellen Anreizen unterstützen. © IMAGO/Ardan Fuessmann
Familiennachzug nimmt ab: Viele scheitern an Test, den Ampel-Koalition abschaffen wollte
Den Sprachnachweis als Voraussetzung für Ehegatten-Visa wollte die Ampel abschaffen. Aktuelle Daten zeigen: Die Deutsch-Prüfung ist eine hohe Hürde.
Berlin – Die Ampel-Pläne scheiterten, und der Ehegatten-Nachzug geht zurück: Für den Nachzug von Eheleuten nach Deutschland hat das Auswärtige Amt im vergangenen Jahr weniger Visa erteilt als im Jahr zuvor. Die Bundesregierung beantwortete eine parlamentarische Anfrage der Linken, woraus hervorging, dass 2024 rund 72.500 Ehegatten ein solches Visum erhielten. Im Vorjahr waren es noch rund 77.200 gewesen.
Ampel wollte Sprachnachweis eigentlich loswerden
Das Sprachniveau A1, das die meisten von ihnen dafür nachweisen müssen, zeigt sich dabei als große Hürde. Wer Deutsch auf dem Sprachniveau A1 spricht, kann sich in einfachen Sätzen verständigen. Ausnahmen gibt es unter anderem für Menschen mit Hochschulabschluss sowie für Angehörige von Asylberechtigten und Flüchtlinge nach der Genfer Konvention. Für Letztere gilt das aber nur, wenn der Antrag in den ersten drei Monaten nach der Anerkennung als Flüchtling gestellt wird und die Ehe schon vor der Einreise bestand. Außerdem existieren Ausnahmen, wenn jemand krank ist, sowie eine Härtefallregelung.
Die Ehegatten-Regelung hätte unter der gescheiterten Ampel-Koalition eigentlich abgeschafft werden sollen. SPD, Grüne und FDP hatten in ihrem Koalitionsvertrag 2021 festgehalten: „Zum Ehepartner oder zur Ehepartnerin nachziehende Personen können den erforderlichen Sprachnachweis auch erst unverzüglich nach ihrer Ankunft erbringen.“ Doch dazu kam es genauso wenig wie zur Umsetzung der damals formulierten Absicht, den Familiennachzug auch für Menschen mit eingeschränktem Schutzstatus ohne Beschränkung zu erlauben.
Linke nennt Sprachtest für Ehegatten-Nachzug „Schikane-Regelung“
Wie die neue Regierung jetzt informiert, haben im vergangenen Jahr 62 Prozent der Menschen, die mit dem Ziel des Ehegattennachzugs an einer Deutsch-Prüfung teilnahmen, diese bestanden. In den Jahren zuvor lag der Wert etwas höher – im Jahr 2023 bei 65 Prozent. Die Linken kritisieren die aktuellen Vorgaben. Innenpolitikerin Clara Bünger hält die Voraussetzungen für den Nachweis von Deutschkenntnissen für europarechtswidrig. Sie sagt: „Beim Nachzug zu Fachkräften gilt diese Schikane-Regelung nicht mehr.“ Bünger kritisiert überdies, dass die Bundesregierung ihr keine Daten dazu geliefert hat, in wie vielen Fällen die Härtefallregelung angewandt wurde.
Unter der neuen Bundesregierung unter CDU, CSU und SPD wird es für Migranten allerdings von der Union wie angekündigt schwieriger: Die Regierung hat angekündigt, den Familiennachzug für subsidiär Schutzberechtigte komplett auszusetzen. Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) hat gesagt, dazu sei bald ein Kabinettsbeschluss zu erwarten.
Ehegattennachzug in Deutschland: Zuletzt kamen vor allem Syrer
Syrische Staatsangehörige waren die größte Gruppe unter den Ausländern, die im vergangenen Jahr eine Aufenthaltserlaubnis zum Ehegattennachzug erhielten, gefolgt von Menschen aus der Türkei, Indien, dem Kosovo, Russland und dem Iran. Afghanische Staatsangehörige lagen auf Platz 16 der Liste. Den Angaben zufolge wurden für nachgezogene Ehegatten aus Afghanistan 2024 insgesamt lediglich 1.395 Aufenthaltserlaubnisse ausgestellt, obgleich Afghanistan schon länger zu den Hauptherkunftsländern von Asylbewerbern zählt.
Wer seinen Partner oder seine Partnerin zu sich nach Deutschland holen möchte, muss genügend Wohnraum und Einkommen nachweisen. Bei Ausländern, deren Ehegatten ein Visum für den dauerhaften Aufenthalt beantragen, ist außerdem ein gültiger Aufenthaltstitel Voraussetzung.
Union fährt harten Kurs bei der Migration
Neben dem regulären gibt es auch noch den sogenannten privilegierten Ehegattennachzug. Bei diesem entfallen neben der Verpflichtung zum Nachweis einfacher deutscher Sprachkenntnisse auch die Voraussetzungen über ausreichend großen Wohnraum und die Sicherung des Lebensunterhalts ohne staatliche Hilfe. Das gilt für anerkannte Flüchtlinge und Asylberechtigte sowie aktuell auch noch für diejenigen subsidiär Schutzberechtigten, die ihre Ehepartner zu sich holen können. Für diese Menschen mit eingeschränktem Schutzstatus gilt derzeit noch ein Kontingent von insgesamt maximal 1.000 Angehörigen pro Monat, die über den Familiennachzug kommen dürfen. Die neue Koalition will den Familiennachzug für diese Gruppe demnächst ganz aussetzen.
Neben der Aussetzung des Familiennachzuges für Asylbewerber und strikten Grenzkontrollen gehört zum Migrationskurs der Union auch die Rücknahme der sogenannten Turbo-Einbürgerung. Unter bestimmten Voraussetzungen kann bisher die deutsche Staatsbürgerschaft schon nach einem Mindestaufenthalt von drei Jahren erlangt werden. (cgsc mit dpa)