Zurückweisungen: Unions-Innenminister stellen sich gegen Migrationspläne der Ampel

                                                                                 Artikel von Delhaes, Daniel Neuerer, Dietmar
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                                        Kontrolle an der deutsch-polnischen Grenze: Die Bundesregierung will mit solchen Maßnahmen
                                   die irreguläre Migration eindämmen. data-portal-copyright=
 

Unter den Länderinnenministern herrscht Uneinigkeit über die Verschärfungen der Migrationsregeln. Von den SPD-geführten Ressorts kommt Zustimmung, CDU und CSU stellen sich quer.

Die von der Ampel-Koalition geplanten Maßnahmen zur Eindämmung der irregulären Migration stoßen bei Unions-Innenministern auf Ablehnung. Die Ressortchefs von Baden-Württemberg und Bayern, Thomas Strobl (CDU) und Joachim Herrmann (CSU), sehen als derzeit einzig wirksames Mittel zur Flüchtlingsbegrenzung umfassende Zurückweisungen an deutschen Grenzen.

„Es geht darum, illegale Migranten erst gar nicht ins Land zu lassen und nicht darum, sie zu inhaftieren oder ihnen einen Wohnsitz zuzuteilen. Es geht darum, sie schon an der Grenze zurückzuweisen“, sagte Strobl dem Handelsblatt.

Herrmann forderte von Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD), sie solle die Bundespolizei endlich anweisen, konsequent Flüchtlinge zurückzuweisen, auch wenn sie hier in Deutschland einen Asylantrag stellen wollen. „Denn Flüchtlinge an den deutschen Landgrenzen kommen ausnahmslos aus sicheren Drittstaaten“, sagte er dem Handelsblatt.

An der Frage weitreichender Zurückweisungen von Asylbewerbern war am Dienstag vergangener Woche ein gemeinsames Treffen zwischen Regierung, der Union als größter Oppositionskraft im Bundestag und Bundesländern gescheitert. Die Ampel hatte die Unionsforderung wegen europarechtlicher Bedenken abgelehnt.

Stattdessen möchte die Bundesregierung das Verfahren für sogenannte Dublin-Überstellungen beschleunigen. Dabei geht es um die Rücknahme Schutzsuchender durch jene europäischen Länder, die für die Bearbeitung ihrer Asylverfahren zuständig sind – in der Regel jene Staaten, in denen Asylsuchende zuerst europäischen Boden betreten haben. Bei der Umsetzung ist die Regierung auf die Mitwirkung der Länder angewiesen.

NRW setzt auf schnellere Abschiebungen und mehr Kompetenzen für die Sicherheitsbehörden

Gespräche dazu sollen „zeitnah“ stattfinden, heißt es aus dem Bundesinnenministerium. Bei den SPD-Länderinnenministern stoßen die geplanten Maßnahmen bereits auf Zustimmung.

Nach einer Videokonferenz mit Innenministerin Faeser am vergangenen Freitag kündigten die Ressortchefs aus Hamburg, Bremen, Niedersachsen, Mecklenburg-Vorpommern, Rheinland-Pfalz, Thüringen, Saarland und Berlin an, die Umsetzung beschleunigter Zurückweisungsverfahren in ihren Ländern mit der Bundesregierung vorzubereiten und entsprechende organisatorische Maßnahmen zu ergreifen.

Der sächsische Innenminister, Armin Schuster (CDU), hält davon wenig. Faeser wolle ein ohnehin nicht funktionierendes Verfahren beschleunigen, sagte er mit Blick auf die Dublin-Verfahren. „Das ist paradox.“ Außerdem delegiere die Ministerin mit ihrem Vorschlag das Thema weg vom Bund, „denn die Asylsuchenden sollen unter Beteiligung der Landesjustiz in unseren Haftanstalten unterkommen“.

Der Freistaat Sachsen verfügt laut Schuster in seiner zentralen Abschiebeeinrichtung in Dresden über 24 Haft- und 34 Gewahrsamsplätze. Nordrhein-Westfalen stellt nach Angaben des Flüchtlingsministeriums von Ressortchefin Josefine Paul (Grüne) mit der bestehenden Unterbringungsanstalt für Ausreisepflichtige (UfA) in Büren rund 23 Prozent der bundesweit zur Verfügung stehenden Haftplätze. Dort werde „in zahlreichen Fällen Amtshilfe für Bundespolizei oder andere Bundesländer“ geleistet, sagte ein Ministeriumssprecher.

Seinen Angaben zufolge wird die konsequente Umsetzung aller Maßnahmen der Landesregierung und der von der Bundesregierung vorgestellten Ideen zum Bedarf von mehr Haftplätzen im Ausreisegewahrsam führen. Daher plane das Land, eine zweite Abschiebehaftanstalt zu bauen.

Nach dem Messeranschlag von Solingen setzt die schwarz-grüne Landesregierung in NRW auf schnellere Abschiebungen und mehr Kompetenzen für Polizei und Verfassungsschutz. Man habe das „umfassendste Sicherheits- und Migrationspaket in der Geschichte unseres Landes“ beschlossen, erklärte Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) in der vergangenen Woche im Düsseldorfer Landtag.

Bayerns Innenminister fordert „echte Wende in der Asylpolitik unseres Landes“

Das Maßnahmen-Paket weite die Kompetenzen der Sicherheitsbehörden aus, erläuterte Wüst. NRW wolle etwa eine zentrale Übersicht der abzuschiebenden Menschen einführen und den Datenaustausch unter Behörden erleichtern. Zusätzliche Asylkammern sollen in den Verwaltungsgerichten geschaffen und die zentralen Ausländerbehörden bei Abschiebungen gestärkt werden, kündigte Wüst an.

Der NRW-Ministerpräsident unterstützt auch die von Innenministerin Faeser angeordneten zusätzlichen Kontrollen an allen deutschen Landgrenzen. Solange die EU-Außengrenzen nicht geschützt würden, müsse es möglich sein, die Binnengrenzen zu schützen, sagte Wüst.

Die vorübergehenden Kontrollen laufen seit dem 16. September und sollen zunächst sechs Monate dauern. Als Gründe für die Maßnahme wurden neben der Begrenzung der irregulären Migration auch der Schutz der inneren Sicherheit vor aktuellen Bedrohungen durch den islamistischen Terrorismus und vor grenzüberschreitender Kriminalität genannt.

Bayerns Innenminister Herrmann hält Grenzkontrollen jedoch für nicht ausreichend, um die illegale Migration nach Deutschland spürbar einzudämmen. „Wir brauchen dringend eine echte Wende in der Asylpolitik unseres Landes“, sagte er. „Die Bundesregierung erkennt nach wie vor den Ernst der Lage nicht.“ Entscheidend seien „umfassende Zurückweisungen von Flüchtlingen an unseren Grenzen“