Neuer Bericht – Sanktionen der USA: Türkische Banken kehren Russland plötzlich den Rücken

Artikel von Liudmila Kotlyarova / B.Z

 

 

Der russische Präsident Wladimir Putin (links) begrüßt seinen türkischen Amtskollegen Recep Tayyip Erdogan nach dessen Ankunft in Russland. © Alexei Nikolsky/Pool Sputnik Kremlin/AP/dpa

 

Die Türkei war lange ein „freundlicher“ Staat für Russland. Sie hatte keine Sanktionen gegen ihren Partner erlassen trotz der russischen Invasion in der Ukraine. Vielmehr umging sie offenbar die Sanktionen anderer Länder. Das gute Verhältnis zwischen den Präsidenten Wladimir Putin und Recep Tayyip Erdogan schien trotz unterschiedlicher geopolitischer Interessen ungetrübt zu sein.

Jetzt sind die Handelsbeziehungen Russlands mit der Türkei erstmals gefährdet. Türkische Banken weigern sich seit kurzer Zeit, mit russischen Banken zusammenzuarbeiten, berichtet die russische Geschäftszeitung Kommersant am Mittwoch unter Berufung auf Quellen aus dem Finanzmarkt und Teilnehmer des Außenhandels.

Türkische Finanzinstitute unterbrechen demnach ihre Korrespondenzbeziehungen mit Russland und lehnen viele Zahlungen ab, ohne den Vertrag formell zu kündigen. Einem Gesprächspartner der Zeitung zufolge gibt es einige Ausnahmen, zum Beispiel für die Tochtergesellschaften ausländischer Banken in Russland. Eine andere Quelle merkte an, dass die Schwierigkeiten schon seit dem vergangenen Sommer bestünden. Ende 2023 habe sich die Situation jedoch erschwert und fast alle Banken in der Türkei erfasst, nachdem US-Präsident Joe Biden am 22. Dezember einen entsprechenden Erlass über Sekundärsanktionen unterzeichnet hatte.

Die Nurol-Bank, die früher mit mehr als 40 russischen Kreditinstituten kooperierte, sowie die Emlak-Bank gehören zu den größten türkischen Banken, die nach den Informationen der Zeitung nicht mehr mit den russischen Kreditinstituten zusammenarbeiten wollen. Die Korrespondenzkonten der russischen Banken in der Türkei wurden in Lira, Dollar und anderen Währungen eröffnet – einige Banken akzeptierten sogar Zahlungen in Rubel. „Die Banken brechen die Beziehungen auf Druck der USA ab. Und das nicht nur in der Türkei, sondern zum Beispiel auch in China“, betont einer der Gesprächspartner von Kommersant. Der Leiter eines Logistikunternehmens merkte seinerseits an, dass es in China nur noch Einzelfälle gebe, im Falle der Türkei gebe es das Problem schon länger.

Der Geldtransfer mit Russland sei zum Erliegen gekommen, schreibt auch die türkische Zeitung Ekonimim unter Verweis auf eigene Quellen. Im Export komme es bereits zu gravierenden Störungen. Die Probleme bei Geldüberweisungen aus Russland würden seit Dezember zunehmen, und die Banken hätten begonnen, Transaktionen, die sie zuvor akzeptiert hatten, mit dem Hinweis auf „verbotene Produkte“ abzulehnen, heißt es. Es werde nun eine dringende Lösung für die Fortsetzung des Handels erwartet. Der türkischen Zeitung zufolge wurde die Frage der Transaktionen mit Russland während des Besuchs von US-Außenminister Anthony Blinken in der Türkei Anfang Januar angesprochen. Blinken habe dabei betont, wie wichtig es sei, „die Umgehung von Sanktionen und die Exportkontrollen anzugehen“.

Die Exporte aus der Türkei nach Russland waren im vergangenen Jahr stark um 23,2 Prozent von 7,6 auf 9,4 Milliarden US-Dollar gestiegen, verweist Economim auf die Statistiken der Türkei. Vor allem Produkte der chemischen Industrie, der Automobilindustrie, Obst und Elektronik wurden exportiert. Das Problem mit den Transaktionen wurde auch von der Türkischen Exporteursversammlung (TIM) erkannt.

Die Schwierigkeiten hätten seit Ende Dezember aufgrund von Audits und Inspektionen durch die Behörden zugenommen, erklärte die TIM. „Aber ich denke, dass sich die Situation nach Januar verbessern wird“, zitierte die Nachrichtenagentur Reuters den Verbandschef Mustafa Gültepe. Bereits im März 2023 hatte die Berliner Zeitung über ähnliche Probleme beim Transit von Sanktionswaren über die Türkei nach Russland berichtet. Damals hatten die türkischen Zollbehörden die Exporte von umstrittenen Waren nach Russland blockiert. Die Entscheidung galt nur vorübergehend, denn schon Monate später nahm der Handel zwischen Russland und der Türkei wieder zu.