Die Deutschen sind arm und wütend“: Vermögen der Mitte jetzt kaum größer als bei den Griechen

 

Von Spanien und Italien abgehängt: In Deutschland herrscht extreme Ungleichheit, kaum besser als Griechenland, zeigt ein EZB-Vergleich. Wie ist das möglich?

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Das Vermögen in Deutschland ist zu ungleich verteilt. Reformen sind nicht in Sicht. Was wird die Ampelkoalition unternehmen

 

Deutschland war lange Zeit ein Leuchtturm des Wohlstands und der politischen Stabilität. Jetzt stagniert seine Wirtschaft, und es drohen die Verbitterung und Spaltung der Gesellschaft. Die Stimmung kippt.

Die extrem ungleiche Verteilung des Wohlstands ist dabei eines der ältesten Probleme in Deutschland und der Grund, warum so viele Menschen sich hierzulande zunehmend verarmt fühlen. Oder, wie der Bloomberg-Kolumnist Chris Bryant neulich in einem Artikel resümiert: „Deutschland ist reich, aber die Deutschen sind arm und wütend.“

Der Medianhaushalt in Deutschland hat ein Nettovermögen von 106.600 Euro – was bedeutet das?

Zahlen bestätigen dieses Gefühl: Die obersten zehn Prozent der Haushalte verfügen laut der letzten Erhebung der Bundesbank aus dem Jahr 2021 über ein Nettovermögen von mindestens 725.000 Euro und kontrollieren mehr als die Hälfte des Vermögens des Landes, während die untersten 40 Prozent der Haushalte ein Nettovermögen von höchstens 44.000 Euro haben. Der mediane, also der mittlere Haushalt, hat dabei ein Vermögen von lediglich 106.600 Euro aufgebaut.

Der Median zeigt das Vermögen der Mitte einer Gesellschaft. Er halbiert die Datenreihe, sodass eine Hälfte der Daten unterhalb und die andere Hälfte oberhalb des Medians liegt, und bietet in dem Fall ein klares Bild der Vermögensverteilung in Deutschland. Der Durchschnittswert dagegen erzeugt den Eindruck, dass es allen Menschen in Deutschland finanziell relativ gut geht. So verfügte ein Durchschnittshaushalt in Deutschland 2021 über ein Nettovermögen von rund 320.000 Euro, doch das bedeutet noch lange nicht, dass die meisten dieses Geld auch haben.

Die traurige Wahrheit: Deutschland bei der Vermögensverteilung deutlich unter dem Medianwert der Eurozone

Düsterer wird das Bild, wenn man die Zentralwerte in Deutschland mit denen in anderen EU-Ländern vergleicht. Plötzlich stellt sich heraus, dass der deutsche Medianhaushalt nur über ein wenig mehr Nettovermögen verfügt als der griechische Haushalt aus der Mitte: 106.206 Euro in Deutschland im zweiten Quartal 2023 gegen 97.749 Euro in Griechenland.

Nur noch die mittleren Haushalte in Estland, Ungarn, Litauen und Lettland sind nach Angaben der Europäischen Zentralbank (EZB) schlechter aufgestellt – alle anderen ost- und südeuropäischen Länder dagegen viel besser als Deutschland. Zum Beispiel: In der Slowakei verfügt ein mittlerer Haushalt über ein Nettovermögen von 116.244, in Portugal über 126.605, in Slowenien über 154.025, in Italien über 161.062 und in Spanien über 197.236 Euro. Am reichsten sind die mittleren Haushalte in Luxemburg mit 734.745 Euro Nettovermögen. Deutschland liegt damit deutlich unter dem Median der Eurozone (etwa 150.000 Euro).

Kein Wunder, dass wütende Landwirte in den vergangenen Tagen landesweit Straßen blockierten, aus Protest gegen Kürzungen der Agrarsubventionen. Aber viele wissen: Es ist nur der Anlass, denn es geht ihnen um das große Ganze. Die rechtspopulistische AfD versucht, diese Stimmungen für sich zu nutzen.

Fakt ist: Die Inflation frisst die Reallöhne auf, die Armut steigt

Auf der einen Seite bräuchten die Deutschen aufgrund hochwertiger öffentlicher Dienstleistungen nicht viel Geld, um komfortabel zu leben, argumentiert der Bloomberg-Autor. Kindertagesstätten seien in einigen Bundesländern kostenlos, ebenso wie staatliche Studiengebühren. In letzter Zeit hätten die Gewerkschaften Gehaltserhöhungen durchgesetzt, während Sparer höhere Zinsen auf Bankeinlagen erhielten; auch die Landwirte hätten höhere Gewinne erzielt.

Auf der anderen Seite investiere nur noch etwa jeder sechste Deutsche an der Börse, und weniger als die Hälfte der Haushalte besitze ein Eigenheim und profitiere daher nicht von den steigenden Immobilienpreisen, schreibt Chris Bryant. Dazu kommt: Das mittlere Vermögen deutscher Mieterhaushalte beträgt laut der Bundesbank nur 16.000 Euro, und die steigenden Mieten tragen lediglich zur Verarmung der Mieterhaushalte bei.

Der Median zeigt das Vermögen der Mitte einer Gesellschaft. Er halbiert die Datenreihe, sodass eine Hälfte der Daten unterhalb und die andere Hälfte oberhalb des Medians liegt, und bietet in dem Fall ein klares Bild der Vermögensverteilung in Deutschland. Der Durchschnittswert dagegen erzeugt den Eindruck, dass es allen Menschen in Deutschland finanziell relativ gut geht. So verfügte ein Durchschnittshaushalt in Deutschland 2021 über ein Nettovermögen von rund 320.000 Euro, doch das bedeutet noch lange nicht, dass die meisten dieses Geld auch haben.

Die traurige Wahrheit: Deutschland bei der Vermögensverteilung deutlich unter dem Medianwert der Eurozone

Düsterer wird das Bild, wenn man die Zentralwerte in Deutschland mit denen in anderen EU-Ländern vergleicht. Plötzlich stellt sich heraus, dass der deutsche Medianhaushalt nur über ein wenig mehr Nettovermögen verfügt als der

griechische Haushalt aus der Mitte: 106.206 Euro in Deutschland im zweiten Quartal 2023 gegen 97.749 Euro in Griechenland.

Nur noch die mittleren Haushalte in Estland, Ungarn, Litauen und Lettland sind nach Angaben der Europäischen Zentralbank (EZB) schlechter aufgestellt – alle anderen ost- und südeuropäischen Länder dagegen viel besser als Deutschland. Zum Beispiel: In der Slowakei verfügt ein mittlerer Haushalt über ein Nettovermögen von 116.244, in Portugal über 126.605, in Slowenien über 154.025, in Italien über 161.062 und in Spanien über 197.236 Euro. Am reichsten sind die mittleren Haushalte in Luxemburg mit 734.745 Euro Nettovermögen. Deutschland liegt damit deutlich unter dem Median der Eurozone (etwa 150.000 Euro).

Kein Wunder, dass wütende Landwirte in den vergangenen Tagen landesweit Straßen blockierten, aus Protest gegen Kürzungen der Agrarsubventionen. Aber viele wissen: Es ist nur der Anlass, denn es geht ihnen um das große Ganze. Die rechtspopulistische AfD versucht, diese Stimmungen für sich zu nutzen.

Fakt ist: Die Inflation frisst die Reallöhne auf, die Armut steigt

Auf der einen Seite bräuchten die Deutschen aufgrund hochwertiger öffentlicher Dienstleistungen nicht viel Geld, um komfortabel zu leben, argumentiert der Bloomberg-Autor. Kindertagesstätten seien in einigen Bundesländern kostenlos, ebenso wie staatliche Studiengebühren. In letzter Zeit hätten die Gewerkschaften Gehaltserhöhungen durchgesetzt, während Sparer höhere Zinsen auf Bankeinlagen erhielten; auch die Landwirte hätten höhere Gewinne erzielt.

Die Zahlen der Bundesbank aus dem Jahr 2021 beinhalten zudem noch nicht die Entwicklung seit dem Ausbruch des Ukraine-Krieges. Die Inflation hat die Reallöhne und die Kaufkraft der Haushalte aufgefressen, und die Einkommensarmut hat in Deutschland deutlich zugenommen. Im Jahr 2022 lebten nach Angaben des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung fast 17 Prozent der Menschen in Deutschland in Armut, rund zehn Prozent sogar in ernster Armut. Die Zahl der sehr armen Menschen, die weniger als 50 Prozent des mittleren Einkommens zur Verfügung haben, ist demnach zwischen 2010 und 2019 um gut 40 Prozent gestiegen. Ein Viertel der Kinder in Berlin lebt in Armut.

Bloomberg-Autor macht Vorschläge, wie man die AfD neutralisieren könnte

Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) und führende deutsche Ökonomen kritisieren seit langem das Steuersystem Deutschlands, weil die Belastung zu sehr auf die Löhne ausgerichtet sei und die Vermögens- und Erbschaftssteuern dagegen niedrig seien. So gibt es beispielsweise für Unternehmer pauschale Befreiungen von der Erbschaftssteuer, da sonst Arbeitsplätze und Investitionen gefährdet werden könnten.

Diese Regeln seien viel zu bequem, und das Ergebnis ist, dass die Steuern auf große Erbschaften oft niedriger seien als auf kleinere Vermächtnisse, kritisiert der Bloomberg-Autor. Er schlägt vor: Langfristig müsste Europas größte Volkswirtschaft ihr Steuersystem, das gerade die Arbeit benachteiligt, reformieren und eine breitere Kapitalverteilung fördern. Er zeigt sich jedoch skeptisch, was weitere Reformen zur Verringerung der Ungleichheit in Deutschland angeht, auch wenn es an guten Ideen nicht mangelt.

Die Ironie der zunehmenden Unterstützung der AfD besteht auch darin, dass viele ihrer einkommensschwachen Anhänger wenig von ihrem Programm profitieren würden, weil die Partei Vermögens- und Erbschaftssteuern ablehnt. Mehr Menschen an den Vorteilen des wirtschaftlichen Wohlstands teilhaben zu lassen, würde einen großen Beitrag dazu leisten, die Unterstützung für radikale politische Parteien zu mindern und die Wut abzumildern, die derzeit in Deutschland überkocht, schließt der Bloomberg-Autor.