Fridays for Future wirft Israel »Genozid« vor – deutsche Sektion hält dagegen

Artikel von Marc Röhlig Der Spiegel

 

Der internationale Account von Fridays for Future irritiert mit einem neuen Post zum Nahostkonflikt – und schreibt von »Apartheid«, »Unterdrückung« und »Gehirnwäsche« durch die Medien. Die deutsche Sektion ist alarmiert.

 

Fridays for Future wirft Israel »Genozid« vor – deutsche Sektion hält dagegen

Fridays for Future wirft Israel »Genozid« vor – deutsche Sektion hält dagegen © ANNA GORDON / REUTERS

 

Bereits vergangene Wochen sorgte die schwedische Umweltaktivistin Greta Thunberg für Unverständnis mit einer einseitigen Positionierung im Nahostkonflikt. Nun legt ihre Klimaschutzbewegung Fridays for Future mit neuer Kritik an Israel nach – und wirft der israelischen Regierung einen »Genozid« an der palästinensischen Bevölkerung vor.

Auf dem internationalen Instagram-Account von Fridays for Future behauptet die Bewegung, Israel habe angeblich ein »Apartheid-System« gegenüber den Palästinensern errichtet. Israel habe palästinensisches Land gestohlen und »ethnische Säuberungen« an Palästinensern betrieben. Die Geschichte der »Unterdrückung von Palästina« sei vielschichtig, aber nicht »kompliziert«. »Es gibt keine zwei Seiten. Der eine ist der Unterdrücker, der andere der Unterdrückte«, heißt es in dem mehrteiligen Post weiter. Die Klimabewegung kommt zum Schluss: »Dies ist kein Konflikt. Dies ist ein Genozid.«

DER SPIEGEL fasst die wichtigsten News des Tages für Sie zusammen: Was heute wirklich wichtig war - und was es bedeutet. Ihr tägliches Newsletter-Update um 18 Uhr. Jetzt kostenfrei abonnieren.

Neben Israel prangert Thunbergs Bewegung auch die Rolle der westlichen Medien an. Die würden nicht die »ganze Geschichte« erzählen, sondern vielmehr eine »Gehirnwäsche« durchführen. So würden die Medien alle Palästinenserinnen und Palästinenser mit Terroristen gleichsetzen und seien zudem nicht unabhängig, sondern von »imperialistischen Regierungen« gegründet.

Widerspruch von der deutschen Sektion

»Sie machen euch Angst vor unschuldigen und leidenden Menschen und instrumentalisieren eure Ängste, um kritisches Denken zu minimieren«, heißt es weiter über den angeblichen Umgang der Medien mit der palästinensischen Bevölkerung. Der Post endet mit einem Appell zur Befreiung Palästinas.

Auch wenn der Eintrag vom offiziellen internationalen Account von Fridays for Future stammt – Einheit herrscht bei den Klimaschützenden nicht. Die deutsche Sektion von Fridays for Future distanzierte sich nur kurze Zeit nach Erscheinen des Aufrufs. »Nein, der internationale Account spricht – wie zuvor betont – nicht für uns«, schreibt die Bewegung auf dem Kurznachrichtendienst X. »Nein, der Post ist nicht mit uns abgestimmt. Nein, wir stimmen nicht mit den Inhalten überein.«

Die deutsche Sektion verweist zudem auf mehrere Einträge, in denen sie bereits den Hamas-Terror verurteilt habe und sich mit dem angegriffenen Israel solidarisiert habe. »Wir sind uneingeschränkt solidarisch mit Jüdinnen und Juden, die weltweit und auch hier antisemitische Gewalt erleben. Wir sehen das Leid der Zivilbevölkerung und insbesondere der Kinder in Gaza«, heißt es auf X. Der steigende antimuslimische Rassismus auch in Deutschland erfülle die Bewegung zusätzlich mit Sorge. »Unsere Herzen sind groß genug, all das gleichzeitig fühlen zu können.«

»Geradezu fanatisch israelfeindliche Einstellung«

In einem letzten Tweet stellt sich die deutsche Sektion indirekt gegen das Social-Media-Management der internationalen Gruppe – mit einem Verweis auf eine Recherche der »Jüdischen Allgemeinen«. Darin führt die Zeitung aus, dass die Social-Media-Accounts der internationalen Vertretung von Fridays for Future in der Hand von einigen wenigen Aktivisten seien, von denen einige eine »geradezu fanatisch israelfeindliche Einstellung« hätten. Keiner der Beteiligten sei für diese Funktion gewählt oder anderweitig überregional bekannt.

Es ist bereits die zweite Volte der deutschen Klimaschützerinnen gegen die Mutterbewegung. Bereits vergangenen Freitag hatte sich Thunberg auf Instagram mit einem »Free Palestine«-Plakat gezeigt und ihren Klimaprotest in einen Pro-Palästina-Protest umgewidmet. Fridays for Future Deutschland konterte auf X: »Das Existenzrecht Israels ist nicht verhandelbar. Humanitäres Völkerrecht gilt für alle. Menschenrechte gelten für alle.«

Auch israelische Umweltschützer attackierte Thunberg in den vergangenen Tagen scharf. Sie seien »zutiefst verletzt, schockiert und enttäuscht« über Tweets und Posts der schwedischen Klimaaktivistin zum Thema Gaza, die

erschreckend einseitig, schlecht informiert und oberflächlich« seien, hieß es in einem offenen Brief.