• Muhammed Yakut ist wieder da – und teilt kräftig aus
 
: Muhammed Yakut wurde aus der spanischen Haft entlassen. Foto: Shutterstock

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Muhammed Yakut wurde kürzlich im Norden Spaniens festgenommen und blieb zwei Wochen in Haft. Eine Zeit lang hieß es, die spanischen Behörden könnten den kurdischstämmigen Whistleblower an die Türkei ausliefern. Doch es kam anders. Nun hat Yakut damit begonnen, neue Interna auszuplaudern.

Im Gespräch mit dem Berliner Exil-Journalisten Erk Acarer macht Muhammed Yakut dort weiter, wo er kurz vor dem 14. Mai dieses Jahres aufgehört hatte. In den Monaten vor den Wahlen in der Türkei sprach Yakut etwas hochmütig davon, die Regierung um Präsident Recep Tayyip Erdoğan stürzen zu wollen. Doch daraus ist bekanntlich nichts geworden. Die Opposition hat die Wahlen verloren. Seither wurde auf Yakut Druck ausgeübt, woraufhin dieser untertauchte.

Yakut: „Erdoğan erteilt Befehle an Elon Musk“

Gegenüber Acarer behauptet Yakut, dass Staatspräsident Erdoğan per Direktive an Elon Musk dafür gesorgt habe, dass seine Tweets und Videos sofort blockiert werden. Tatsächlich hat Yakut seine Videos immer wieder über neue Accounts hochladen müssen, da X (vormals Twitter) diese entweder kurze Zeit nach dem Upload entfernte oder die Accounts von Yakut gänzlich unerreichbar machte. Laut Yakut haben türkische Staatsanwälte X mit regelmäßigen Schreiben zu einer Welle von Sperrungen veranlasst, so der Whistleblower.

Yakut: „Merdan Yanardağ wurde meinetwegen verhaftet“

Als Beleg dafür führte er die Verhaftung des Journalisten Merdan Yanardağ an, der überraschend festgenommen worden war. Yakut behauptet, dass Yanardağ zuletzt mit ihm telefoniert und am darauffolgenden Tag geplant habe, ihn live ins Fernsehen zu holen. „Ich kann meine Gespräche mit Yanardağ dokumentieren. Weil Twitter meine Videos gelöscht hat, wollte er mir Gelegenheit geben, in seinem Sender Tele 1 frei zu sprechen“, so Yakut.

Serdar Akinan hat Härte des Staates zu spüren bekommen

Ähnlich war es dem Journalisten Serdar Akinan ergangen, der nach den ersten Videos von Muhammed Yakut reagiert und mit ihm ein Online-Interview auf seinem YouTube-Kanal veröffentlicht hatte. Ihm dürfte klar gewesen sein, in welch eine Gefahr er sich begibt. Doch den Hype um den Whistleblower wollte er offenbar nicht verpassen, wo doch Journalisten, die ein Jahr zuvor Sedat Peker und seine Veröffentlichungen thematisiert hatten, den Trend mitgemacht und so an Popularität gewonnen hatten.

Hype-Journalismus nur sicher außerhalb der Türkei

Akinan bereute seinen Riecher schnell. Denn anders als Cevheri Güven oder Acarer, die in Deutschland leben, befindet er sich nicht im sicheren Exil. Die Bundesrepublik ist in dieser Hinsicht ein weitgehend sicherer Hafen. Nach seiner kurzen Haftzeit war Akinan wie ausgewechselt. In mehreren Videos stellte er die Glaubwürdigkeit von Yakut infrage und damit ein Stück weit auch seine eigene.

Yakut ist gefährlich für die Regierung, aber nicht besonders clever

„In 23 Videos habe ich nichts über den Staat gesagt. Mein Problem hat nichts mit dem Staat zu tun. Mein Problem ist die AKP“, sagt Yakut im Gespräch mit Acarer. Er versprach gleich zu Beginn, auch keine Beleidigungen fallen zu lassen, da der Mann mit den gefährlichen Interna in der Vergangenheit oft nicht clever genug handelte und durch seinen Jargon und ständigen Beleidigungen unter der Gürtellinie aufgefallen war.

„Sie haben behauptet, ich sei zu 19 Jahren Haft verurteilt“

„In Spanien wurde ich in Santander bei der Passkontrolle im Hotel verhaftet. Aufgrund eines Interpol-Ersuchens, das mir bereits bekannt war. Die türkischen Konsulatsmitarbeiter aus Madrid waren permanent im Gerichtsgebäude und haben versucht, mich in die Türkei zu überführen. Sie haben behauptet, dass ich zu 19 Jahre Haft verurteilt sei“, berichtet Yakut. Die Dokumente, die die konsularischen Beamten vorlegten, seien zum Fremdschämen gewesen.

„Ich saß mit einer anderen Person aus der Türkei in Haft“

Aufgrund dieser Dokumente habe man Yakut zunächst verhaftet und in eine Zelle gesteckt. Dort sei er einer Person aus der Türkei begegnet, die zum Netzwerk der Gülen-Bewegung gehöre und für die türkische Regierung von besonderem Interesse sei. Um wen es sich handelt, gab Yakut noch nicht preis, doch der aktuelle Chef des türkischen Geheimdienstes MIT und der neue Außenminister Hakan Fidan wüssten es ganz gut. In gewisser Weise verfolgt Yakut also immer noch ein Kalkül und versucht, Ankara nervös zu machen.

„Sie haben meiner Frau die Rippen gebrochen“

Zeitgleich zu der Festnahme von Yakut in Spanien wurde in der Türkei auch dessen Ehefrau festgenommen. Yakut behauptet, dass ihr während der U-Haft die Rippen gebrochen wurden und sie in Handschellen in der Luft hing, sodass ihre Handgelenke blau angelaufen seien. Um dem Staat nicht zu schaden, habe er seiner Frau gesagt, dass sie das nicht attestieren lassen soll. Auf die Frage des Journalisten, warum er sich so entschied, weil er ja damit Misshandlung und Folter hätte belegen können, sagte Yakut, „dass sie das jetzt noch nachholen kann“. Auch ein Punkt, der zeigt, dass Yakut nicht so durchdacht agiert wie Sedat Peker.

Hiebe unter die Gürtellinie

In einer Passage des Interviews behauptet Yakut, zahlreiche Videoaufzeichnungen von Hotels in der Hand zu haben. Ausgehend davon richtete er einen Aufruf an die CHP-Wählerschaft. „Passt auf Mustafa Sarıgül und seinen Sohn Emir auf. Sibel Can, ich werde eure Swinger-Treffen mit Vater und Sohn noch preisgeben“, so Yakut. Zuvor hatte er ähnliches über den ehemaligen Ankara-OB Melih Gökçek in den Raum geworfen und ihm eine Affäre mit einer bekannten Transvestiten Oksan nachgesagt. Danach bebte das türkische X, doch mehr passierte nicht.

Erk Acarer tat sich schwer mit der Moderation

Immer wieder schweift Yakut ab. Auch in seinen Videos waren diese Sprünge ein großes Problem. Verglichen mit Peker fehlt Yakut ein roter Faden. Dennoch sind seine Informationen nicht weniger interessant und brisant. Insofern macht das Interview von Acarer Sinn. Denn seine Hinweise könnten noch viele Köpfe zum Rollen bringen. In Zusammenhang mit dem CHP-Mann Sarıgül machte Yakut in einem Nebensatz auf dessen Verwicklungen mit dem ehemaligen Innenminister Süleyman Soylu in Usbekistan aufmerksam. Mehr gab er indes nicht preis.

„Ich habe 23 Videos gemacht, weitere 123 Videos folgen“

Yakut sagt, er wolle weitermachen. So viel steht für den kurdischen Whistleblower fest. Er fühlt im Exil offenbar sicher genug. Die ausländischen Behörden würden ihn niemals an die türkischen Behörden geben. Auch Spanien tat dies nicht. Er ist wieder auf freiem Fuß und will weitere Videos produzieren. „Bis das Volk alles verstanden hat, mache ich weiter“, so Yakut.