Italien streicht Zehntausenden Haushalten die Sozialhilfe – per SMS

Artikel von Matthias Kaufmann / Der Spiegel

Eine Textnachricht vom Amt und ein paar Tage später gibt es keine Sozialhilfe mehr: So ergeht es nun vielen Italienern unter der neuen rechten Regierung von Giorgia Meloni. Unter Kritikern ist von einem »ideologischen Krieg« die Rede.

 

Italien streicht Zehntausenden Haushalten die Sozialhilfe – per SMS

Italien streicht Zehntausenden Haushalten die Sozialhilfe – per SMS © Samantha Zucchi / Insidefoto / IMAGO

 

Hunderttausenden Italienern wird mit dem heutigen Dienstag die Sozialhilfe gestrichen. Die italienische Regierung von Ministerpräsidentin Giorgia Meloni hatte strengere Voraussetzungen für den Bezug des sogenannten Bürgergelds beschlossen, die ab dem 1. August greifen. Medienberichten zufolge sind rund 169.000 Haushalte von der drastischen Kürzung der Sozialhilfe betroffen. Per SMS wurden die Bezieher bereits am vergangenen Freitag darüber informiert.

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Das Bürgergeld erhalten von nun an nur noch Haushalte, in denen Minderjährige, Menschen mit Behinderung oder Senioren über 65 Jahre leben. Beobachtern zufolge könnte das Bürgergeld im Spätsommer für weitere 80.000 Haushalte ausgesetzt werden. Insbesondere der Süden des Landes ist von den neuen Maßnahmen betroffen. Neapel etwa ist die Stadt mit den meisten Beziehern von Bürgergeld.

Gewerkschaften und Aktivistengruppen riefen zu Protesten gegen die Kürzung auf. In einigen Städten im Süden protestierten Menschen vor den Stellen der Sozialbehörde INPS. Am Montag stürmte auf Sizilien ein arbeitsloser Mann laut Medienberichten in der Gemeinde Terrasini in das Büro des Bürgermeisters, vergoss Benzin und drohte, alles in Brand zu setzen. Er konnte gestoppt werden.

Oppositionspolitiker kritisierten den Schritt der Regierung scharf. Ex-Regierungschef Giuseppe Conte, der das Bürgergeld 2019 eingeführt hatte, bezeichnete den Schritt als »ideologischen Krieg«, der auf dem Rücken der Schwächsten ausgetragen werde. Kritiker befürchten eine »soziale Katastrophe«. Für Empörung sorgte, dass die Kürzung per Textnachricht mitgeteilt wurde.

Melonis Rechtsregierung war das Bürgergeld ein Dorn im Auge. Sie will die Zahl der Leistungsempfänger und die Ausgaben für die Unterstützung massiv reduzieren. Die rechten Parteien behaupteten immer wieder, dass das Bürgergeld denjenigen, die arbeiten könnten, keinen Anreiz geboten habe, tatsächlich zu arbeiten.