Islam-Rede beim Bundesparteitag - Özdemir hat bei den Türken ein Glaubwürdigkeitsproblem

VON FATIH AKTÜRK am 23. November 2015

Grünenchef Cem Özdemir hat für seine Kritik an den Islamverbänden auf dem Bundesparteitag donnernden Applaus bekommen. Aber wie viel Nähe braucht es zum Islam? Der Journalist Fatih Aktürk, selbst Muslim mit türkischen Wurzeln, warnt: Özdemir muss bei seinen Ausführungen vorsichtig sein

„Kein heiliges Buch steht über der Verfassung“, sagte Grünen-Chef Cem Özdemir

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Autoreninfo

Fatih Aktürk hat Sozialwissenschaften, Politik, Medien und Soziologie an der HHU - Düsseldorf und an der Universität Bremen studiert. Er arbeitet als freier Journalist für diverse überregionale deutsche und türkische Medien. 

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Derart massiven Zuspruch hat Cem Özdemir bislang wohl kaum erhalten. Seine Rede am vergangenen Freitag, auf dem kleinen Bundesparteitag in Halle an der Saale, wurde von den Mitgliedern mit Standing Ovations gefeiert. Vor allem seine Forderung an die Mitglieder, diese sollten mehr kritische Haltung zu muslimischen Verbänden zeigen, entsprach dem Gemüt vieler Parteigenossen. Der Satz hat angesichts der Pariser Anschläge an Relevanz gewonnen. Satte 76 Prozent Zustimmung erhielt er anschließend von den Mitgliedern und wurde erneut zum Parteivorsitzenden gewählt- diesmal trotz eines Gegenkandidaten. 

Viele der Anwesenden hielten seine Rede für „Die Beste in all den Jahren“. So klar wie in Halle an der Saale hatte Özdemir seine Haltung zu den Islamverbänden nie deutlich gemacht. Diese müssten sich modernisieren und die Worte des Propheten heute zeitgemäß auslegen können. Ausserdem stünde „Kein heiliges Buch (...) über den Menschenrechten und der Verfassung der Bundesrepublik“, so Özdemir. Der wiedergewählte Parteivorsitzende der Grünen hat selbst muslimische Wurzeln, ist aber säkular, wie er selbst sagt.

Islamverbände müssen ihre Aufgabenfelder überarbeiten


Im Grunde genommen behält Özdemir recht. Islamische Verbände in Deutschland müssen ihre Aufgabenfelder überarbeiten. Sie müssen damit beginnen, ihre internen Konflikte zu lösen und endlich auf einen gemeinsamen Nenner zu kommen. Vor allem müssen sie sich schleunigst einigen, wie man das Problem lösen kann, dass der Name des Islams von verschiedenen extremistischen Spektren missbraucht wird