Essen/Ankara. Der türkischen Religionsbehörde Diyanet zufolge sind Mädchen schon ab neun Jahren und Jungen ab zwölf Jahren im heiratsfähigen Alter.
Eine Erklärung der türkischen Religionsbehörde Diyanet zur Pubertät von Kindern sorgt bei vielen Türken für Entsetzen. Denn nach Ansicht der Diyanet sind Mädchen bereits ab neun und Jungen ab zwölf Jahren gebär- bzw. zeugungsfähig und damit auch im heiratsfähigen Alter. Kritiker sehen darin den nächsten Schritt zur Legalisierung von Kinderehen.
Bereits im Herbst 2017 hatte das türkische Parlament den Weg für ein umstrittenes Gesetz freigemacht, das den Geistlichen im Land mehr Rechte bei der Schließung von Ehen zugesteht. Kritiker fürchten, dass damit die Tür zu Kinderehen und zur Polygamie noch weiter geöffnet wird.
Auf dem Weg zum Gottesstaat: Türkei erlaubt "Mufti-Ehe"
„Ob ihr es wollt oder nicht, das Gesetz wird kommen.“ Mit diesen Worten hatte der türkische Staatschef Recep Tayyip Erdogan in Ankara seine Entschlossenheit, islamische Ehen einzuführen unterstrichen. Bisher durften nur Standesbeamte rechtsgültige Trauungen vollziehen. Religiöse Eheschließungen waren zwar zusätzlich möglich, aber nicht allein gültig. Künftig sollen sich Paare vor einem Mufti, einem islamischen Rechtsgelehrten, das Ja-Wort geben können. Er ersetzt den Standesbeamten.
"Zerstörung der Frauenrechte und Begünstigung von Kinderehen"
„Dieser Gesetzentwurf ebnet den Weg zur Zerstörung der Frauenrechte und begünstigt Kinderehen“, empörten sich die Kritiker des Gesetzes. Befürworter des Gesetzentwurfs argumentierten in der hitzig geführten Debatte stets, dass "Mufti-Ehen" dem Wunsch vieler Menschen Rechnung tragen würden, religiös zu heiraten. Die neue Regelung diene dem Schutz der Frauen und Kinder, weil die Muftis an die Bestimmungen des Zivilrechts gebunden seien und keine Kinderehen absegnen dürfte
Die neuerliche Erklärung der türkischen Religionsbehörde, dass Mädchen schon ab neun Jahren im heiratsfähigen Alter seien, kommentiert die türkische Zeitung "Sözcü" daher mit den Worten: "Schande - Diyanet erlaubt Kinderehen." In den Sozialen Netzwerken erntet die Religionsbehörde harsche Kritik für ihre Erklärung. Viele Türken schämen sich und fürchten zunehmend einen "Gottesstaat", in dem die Geistlichen immer mehr Befugnisse übertragen bekommen. (sat)