Dutzende Islamisten aus Deutschland in Syrien: Haben die neuen Herrscher in Damaskus deutsche Helfer?

Nach dem Sturz des syrischen Regimes könnten auch aus Deutschland stammende Islamisten in Damaskus eingezogen sein. Davon gehen deutsche und kurdische Sicherheitsexperten aus. Männer, die schon vor Jahren nach Syrien ausgereist sind und zuletzt in der Aufständischen-Hochburg Idlib lebten, nahmen demnach in den Reihen der HTS an der Offensive gegen Machthaber Baschar al Assad teil.
Die HTS ist Syriens bedeutendste Islamisten-Miliz und kontrolliert nach Assads Flucht den Großteil des Landes. Die Truppe ging aus der Al-Nusra-Front hervor, dem syrischen Ableger des Terrornetzwerkes Al-Kaida. Auch der „Islamische Staat“ (IS) entstand aus Al-Kaida-Strukturen.
Seit 2011 reisten dem Bundesinnenministerium zufolge 1150 Personen aus Deutschland aus, um sich in Syrien und Irak dschihadistischen Milizen anzuschließen. Neben deutschen auch türkische, albanische, bosnische und russische Staatsbürger, die in der Bundesrepublik lebten. Bei vielen dieser Islamisten ist nachgewiesen, dass sie im Krieg oder bei Anschlägen starben, andere kehrten nach Deutschland zurück.
Circa 400 der ausgereisten Personen befänden sich jedoch noch im Ausland, schreibt das Ministerium, davon 80 in Haftanstalten in Syrien, Irak und der Türkei. Von den Verbliebenen, immerhin etwa 320 Islamisten, sei vermutlich „ein nicht unerheblicher Anteil“ ebenfalls verstorben.
Sicherheitsexperten schätzen, dass eine „niedrige zweistellige Zahl an Männern“ aber noch in der Region aktiv ist. Darunter sollen sich nur noch sehr wenige Männer befinden, die versprengten Untergrundzellen des IS in Zentralsyrien angehören.
Dutzende der einst aus Deutschland ausgereisten Islamisten lebten demnach, so die inoffizielle Einschätzung, in der Aufständischen-Enklave Idlib. Dort herrschte jahrelang die HTS, die inzwischen de facto die Übergangsregierung in Damaskus führt. Das Bundesinnenministerium sieht durch den Erfolg islamistischer Kämpfer ein erhöhtes Risiko dafür, dass Sympathisanten aus Deutschland nach Syrien reisen.
Der Nordosten des Landes wird nach wie vor von einer von Kurden dominierten Koalition regiert. Die dortige Autonomieverwaltung wurde in den vergangenen Jahren immer wieder von Islamisten attackiert, allerdings auch von Assads Armee unter Druck gesetzt. Aktuell greift die von der Türkei unterstützte Rebellen-Armee SNA die kurdische Selbstverwaltung an.
Seit die von den kurdischen YPG-Einheiten geführte Militärallianz SDF den IS als Territorialmacht im Jahr 2019 besiegte, sitzen schätzungsweise 60.000 Männer, Frauen und Kinder aus einstigen IS-Netzwerken in Nordsyrien in umzäunten Zeltstädten. Darunter auch deutsche Staatsbürger.