Ohne Populismus und Rassismus : Wir brauchen eine ehrliche Debatte über Islamismus und die Grenzen von Migration

Artikel von Franziska von Werder
 
Ein Sicherheitspaket gegen Islamisten-Gefahr, eine Asyldebatte, die die Würde des Menschen antastet? Die Politik sollte mal darüber sprechen, wie die deutsche Bürokratie die Integration Zugewanderter verhindert.
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Ein Sicherheitspaket gegen Islamisten-Gefahr, eine Asyldebatte, die die Würde des Menschen antastet? Die Politik sollte mal darüber sprechen, wie die deutsche Bürokratie die Integration Zugewanderter verhindert. © Foto: picture alliance/dpa/Patrick Pleul
 

Die Ampel führt ein schwer erträgliches Schauspiel auf öffentlicher Bühne zum Thema Migration auf. Nach wochenlangem Streit wurde ein Teil des geplanten Sicherheitspakets vergangenen Freitag im Bundesrat blockiert. Nun kommen ab Mittwoch in Leipzig die Chefs der Länder zusammen – und machen weiter Druck. Bei der Ministerpräsidentenkonferenz soll die Verschärfung des Asylrechts diskutiert werden, Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) sagte im Vorfeld, er wolle ein Modell mit „umfassenden Zurückweisungen an den Grenzen“.

Hierbei geht es um nicht weniger als die Einschränkung von Grundrechten, die Würde des Menschen soll nicht mehr unantastbar sein. Dass die politische Mitte so weit nach rechts pendelt, hat vielerlei Gründe. Einer davon ist, dass Deutschland lange nicht fähig war, eine offene und ehrliche Debatte über Migration in all ihren Facetten zu führen. Darüber, welche eigenen Ziele Deutschland mit Migration verfolgen kann, wie das Land profitieren kann – aber auch, wie Migration begrenzt werden muss.

Ich glaube, dass eine Grenze erreicht ist dessen, was leistbar ist.

Bestandsaufnahme von Berlins Polizeipräsidentin Barbara Slowik

Berlins Polizeipräsidentin Barbara Slowik Meisel war dieser Tage eine gewisse Zögerlichkeit anzusehen, als sie sagte, dass bei der Zuwanderung „eine Grenze erreicht ist dessen, was leistbar ist“. Hinter Slowiks Satz verbirgt sich kein Rechtsruck, sondern eine schlichte Bestandsaufnahme. Die Polizeipräsidentin verschiebt die Debatte damit ein Stück weit in Richtung Realität.

Sagen, was ist

Denn an der Realität sind in den vergangenen Jahren die Ideale vieler Verantwortungsträger zerschellt. Ein gutes Beispiel dafür ist René Wilke, parteiloser Oberbürgermeister der Stadt Frankfurt (Oder). Er war mal in der Linkspartei, ein Pragmatiker. Es sei naiv gewesen, zu glauben, dass Menschen jeder Herkunft zusammenkommen und dann sei einfach alles gut, sagt Wilke heute. Die positive Grundannahme vieler in den Jahren 2015 und 2016 mit dem „Wir-schaffen-das“-Postulat der früheren Kanzlerin Angela Merkel (CDU) habe sich als falsch herausgestellt.

Seit einem Jahr kontrolliert die Bundespolizei in Frankfurt (Oder) die Grenze zu Polen, die Zahl der Geflüchteten sinkt spürbar – vielleicht zu spät? Frankfurt (Oder) erlebt wie andere Städte zunehmend Probleme mit Gewalt durch Zugewanderte und Bandenbildung. Im September nahm die Polizei dort einen 15-jährigen Syrer fest. Er soll einen Mann zu dem vereitelten islamistischen Terroranschlag auf ein Taylor Swift-Konzert in Wien angestachelt und selbst Anschläge auf Veranstaltungen, an denen Homosexuelle teilnehmen, angedroht haben.

Die Devise kann nur noch lauten: Sagen, was ist. Die demokratischen Parteien haben es jahrelang nicht geschafft, der AfD-Rhetorik etwas entgegenzusetzen. Und zwar ein offenes Sprechen über Islamismus und über die Grenzen von Migration. Wahr ist nämlich: Die Sicherheitslage hat sich auch durch islamistischen Extremismus in den vergangenen Jahren verschärft – und noch einmal seit dem 7. Oktober 2023, dem Tag des Massakers der islamistischen Hamas an Juden in Israel.

Zwei Drittel aller Verdächtigten und Täter von islamistischen Anschlägen in Deutschland sind Geflüchtete. Wie konkret die Terrorgefahr ist, hat sich erst wieder am Wochenende gezeigt, als die Sicherheitsbehörden ein Attentat auf die israelische Botschaft in Berlin vereiteln konnten. Der verdächtige Libyer soll Kontakte zum IS gehabt haben.

Ein offenes Reden über dieses Problem, das nicht instrumentalisiert, nicht populistisch und nicht rassistisch ist, gab es lange nicht. Wer über Islamismus und über Gewaltkriminalität durch Zugewanderte sprach, geriet schnell in den Verdacht, rechtsradikal zu sein. Daran schließt sich ein weiteres Versäumnis an: Darüber zu sprechen, warum Integration oft nicht gelingt. Experten und Beamte sind sich da längst einig: Weniger Bürokratie, lasst die Leute arbeiten. Das hilft ihnen, anzukommen.

Stattdessen üben sich die Ministerpräsidenten und die Bundespolitik in gefährlicher Rhetorik. Migration zu stoppen, wird islamistischen Extremismus nicht verhindern. Denn Deutschland braucht Migration, sie muss nur geordnet sein, ohne unnötige Hürden in der Verwaltungsbürokratie für jene, die ankommen wollen, aber auch mit schnellen Verfahren und klaren Regeln, wer nicht bleiben kann.