Per Bikini zum Islam- und Integrationsexperten
Mit meiner Kritik daran, dass muslimische Frauen in unseren Medien erst dann als vollwertige Mitglieder unserer liberalen Gesellschaft dargestellt werden, wenn sie sich öffentlich im Bikini zeigen oder auf eine andere Art und Weise ihre persönliche Ablehnung der Traditionen und Bräuche ihrer Eltern quasi zur Profession machen, scheine ich vielen Leuten aus der Seele gesprochen zu haben.
Übrigens galt meine Kritik gar nicht mal so sehr dem Schönheitswettbewerb „Miss Turkuaz“. Es gibt viele derartige Schönheitswettbewerbe auf der Welt und dieser ist halt einer davon. Ich interessiere mich ziemlich wenig für sie, bin der Einladung zur Veranstaltung in der Vergangenheit nicht gefolgt und würde derartigen Einladungen auch zukünftig nicht folgen. An dieser Meinung ändert auch die Tatsache nichts, dass die diesjährige Preisträgerin nicht nur aus dem Dorf meiner Eltern stammt, sondern auch mit mir verwandt ist. Ich kenne sie persönlich nicht, bin mir aber auf Grundlage der Erzählungen meiner Familienmitglieder ziemlich sicher, dass sie eine wunderbare junge Dame ist und diese Auszeichnung verdient. Ich bin glücklich für sie, dass die Jury sie für die beste Kandidatin gehalten hat.
Aber deswegen muss ich diese Wettbewerbe nicht mögen. Ich muss sie auch nicht hassen. Ich kann damit leben, dass es sie gibt, weil ich es an Deutschland und Europa zu schätzen weiß, dass auch andere Leute damit leben können, was ich selbst so alles außerhalb des allgemeinen Mainstream-Spektrums tue und lasse.
Und genau darum geht es hier.
Eine liberale Gesellschaft definiert sich weder über die plumpe Freiheit nackter Haut, noch über die seltsame Freiheit, traditionell lebende Menschen auf ekelhafte Art und Weise zu verspotten.
Eine liberale Gesellschaft definiert sich über die Freiheit des Geistes.
Und die Aufgabe der Medien ist es weniger, durch tendenziöse Berichterstattung eine bestimmte Meinungsbildung zu forcieren, dafür aber umso mehr, die Realitäten unserer Gesellschaft möglichst objektiv darzustellen. Diese lächerliche Instrumentalisierung einer 19-jährigen muslimischen Schönheitskönigin im Fernsehen, die mich heute Morgen wirklich sehr irritierte, war aber einfach nur noch abartig.
Ein Deutschland, in dem Menschen aus anderen Kulturen erst dann als vollwertige Mitglieder der Gesellschaft angesehen werden, wenn sie eine gewisse Abneigung gegenüber ihrer Herkunftskultur demonstrieren bzw. ohne es überhaupt zu wollen diesen Eindruck erwecken, ist nicht mein Deutschland.
Ein solches Deutschland gibt es auch gar nicht. Es mag in einigen abgeschotteten Regionen dieses Landes normal sein, Andersartigkeit mit Spott und Abneigung zu begegnen, jedoch weiß ich wirklich nicht, was daran so toll sein soll, dass Fernsehsender einen derartigen Umgang noch unterstützen. Und dieses Problem ist mittlerweile nun wirklich weit über die Bildzeitung hinaus gewachsen.
Deutschland ist ganz anders. Deutschland ist bunt. Deutschland ist ein Schmelztiegel der Kulturen. Deutschland hat schon längst begriffen, dass Vielfalt unsere Stärke ist. Deutschland wird erfolgreicher, wenn es seine eigenen Potentiale weckt und fördert.
Unsere kulturelle Vielfalt ist unser gesellschaftliches Kapital. Punkt.
Wohin uns die Engstirnigkeit einiger Leute bringen soll, versteh ich nicht. Wenn Menschen, die meinen, Frauen vorschreiben zu müssen, was sie auf dem Kopf zu tragen haben, die Liberalität angreifen (und ja, das tun sie!), warum werden andere Menschen dann, wenn sie Frauen vorschreiben, was sie NICHT zu tragen haben, plötzlich zu Superhelden der Freiheit?
Liberalität geht anders.
Liberalität ist geprägt von gegenseitiger Anerkennung und bedingungslosem Respekt. Man muss niemanden lieben, um ihn oder sie zu respektieren, aber wenn man jemanden respektiert, dann macht man diese Person oder ihren Lebensstil nicht zum öffentlichen Gespött.
Dann liebt man schlicht und einfach diese Gesellschaft dafür, dass sie jeder Kultur, die die Freiheiten anderer Kulturen respektiert, ein gleichwertiges Existenzrecht zuschreibt.
Hier geht es übrigens zum Beitrag, der mich dazu verleitet hat, diese Zeilen zu schreiben