Deutsche Islam-Konferenz: Faeser möchte von Muslimen ausgehenden Antisemitismus klar benennen
Die Innenministerin forderte auf der Konferenz, offen über muslimischen Antisemitismus zu sprechen. Für jeden Menschen in Deutschland erwachse aus der Shoah eine besondere Verantwortung.
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Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) hat bei der Deutschen Islam-Konferenz gefordert, anzuerkennen, dass es in Deutschland ein Problem mit Antisemitismus gebe, der auch von Muslimen ausgehe.
„Wir erleben derzeit, dass bei einigen nur ein Funke genügt, damit auf Worte des Hasses Taten der Gewalt folgen“, sagte die SPD-Politikerin zur Eröffnung der Veranstaltung am Dienstag in Berlin.
Die Verantwortung treffe alle in Deutschland
„Auch darüber müssen wir hier und heute in aller Offenheit sprechen.“ Jüdinnen und Juden hierzulande zu schützen, sei unverrückbarer Bestandteil der deutschen Staatsräson. Das ergebe sich aus den Verbrechen der Shoah. Daraus erwachse eine Verantwortung, die Existenz jüdischen Lebens niemals wieder gefährden zu lassen.
Jeder einzelne Mensch in Deutschland lebt in dieser Verantwortung.
Nancy Faeser, Bundesinnenminister
„Es ist aber nicht nur die Verantwortung des Staates, sondern auch die Verantwortung der gesamten deutschen Gesellschaft. Jeder einzelne Mensch in Deutschland lebt in dieser Verantwortung“, sagte Faeser.
„Das gilt auch für diejenigen von uns, die die deutsche Staatsbürgerschaft erst nach der Geburt bekommen haben.“ Die Innenministerin warnte jedoch davor, alle Muslime in Deutschland für islamistischen Terrorismus in Haftung zu nehmen.
„Denn die meisten Musliminnen und Muslime sind seit Langem tief verwurzelt in unserer demokratischen Gesellschaft. Sie sind von den Bildern der entgrenzten Gewalt der Hamas genauso schockiert wie wir.“
Faeser fordert klare Positionierung der muslimischen Verbände
Faeser forderte von muslimischen Verbänden ein deutlicheres Bekenntnis gegen Judenhass. Sie appelliere gerade an die großen Islamverbände, den Kampf gegen Antisemitismus noch sichtbarer voranzutreiben, sagte Faeser am Dienstag in Berlin.
Es reiche nicht, eine Synagoge zu besuchen und sich dort gegen Terror und Antisemitismus zu stellen, ohne dies auch in Moscheen oder den eigenen Social-Media-Kanälen zu kommunizieren, sagte sie.
Ich erwarte von den muslimischen Verbänden, dass sie sich ganz klar äußern und ihre Verantwortung in der Gesellschaft wahrnehmen.
Nancy Faeser
Bereits im Vorfeld der Konferenz hatte Faeser von muslimischen Verbänden eine klare Verurteilung des Angriffs der radikalislamischen Hamas auf Israel gefordert.
„Ich erwarte von den muslimischen Verbänden, dass sie sich ganz klar äußern und ihre Verantwortung in der Gesellschaft wahrnehmen“, sagte sie am Dienstag im ARD-„Morgenmagazin“.
Antisemitismus wurde kurzfristig Schwerpunktthema
Schwerpunkt der Islamkonferenz sollte in diesem Jahr das Thema Muslimfeindlichkeit werden, nachdem der von der Bundesregierung eingesetzte unabhängige Expertenkreis im Sommer seinen ausführlichen Bericht vorgelegt hatte.
Der Angriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober und darauf folgende antisemitische Reaktionen bei Demonstrationen in Deutschland führten dazu, dass das Innenministerium die Agenda änderte. Antisemitismus wurde als Thema ergänzt, am Ende zum eigentlichen Schwerpunkt der Tagung.
Mazyek: Muslime im Kampf gegen Antisemitismus nicht marginalisieren
Der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime in Deutschland, Aiman Mazyek, hat davor gewarnt, im Kampf gegen Antisemitismus Gruppen wie Muslime zu marginalisieren.
Das Auseinanderdriften von Gruppen, die Sprachlosigkeit, auch Hass und die Bereitschaft, nicht einander zuzuhören, ist leider sehr groß geworden.
Aiman Mazyek, Vorsitzender des Zentralrats der Muslime in Deutschland
„Ich mache mir große Sorgen über unsere Lage in unserem Land. Das Auseinanderdriften von Gruppen, die Sprachlosigkeit, auch Hass und die Bereitschaft, nicht einander zuzuhören, ist leider sehr groß geworden“, sagte Mazyek am Dienstag im RBB-Inforadio.
„Viele Muslime sind in unserem Land verunsichert, haben Angst, sich überhaupt zu Wort zu melden, sie fühlen sich eingeschüchtert durch die Debatte“, sagte Mazyek vor einem Treffen der Deutschen Islam-Konferenz.
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Zentralrat der Muslime nicht eingeladen
Der Zentralrat der Muslime war zu der vom Bundesinnenministerium initiierten Tagung nach seinen Worten nicht eingeladen worden. Er kenne den Grund dafür nicht, aber das sei auch angesichts der aktuellen Situation nicht entscheidend. „Wir brauchen den gesellschaftlichen Zusammenhalt. Wir brauchen den ganz klaren Schulterschluss.“
Auf die Frage, ob er sich von Faesers Aufruf angesprochen fühle, sagte Mazyek: „Eigentlich sind wir genau an diesem Weg, dass wir das umsetzen und tun.“ Der Zentralrat der Muslime engagiere sich im Kampf gegen Antisemitismus und arbeite seit vielen Jahren mit Gruppen zusammen, indem man Gedenkstätten besuche. (dpa/AFP/epd)