Constantin Schreiber: Er will sich zu allem, was mit dem Islam zu tun hat, nicht mehr äußern

Artikel von Michael Hanfeld Faz

Constantin Schreiber

Constantin Schreiber

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Der Journalist und Islamkenner Con­stantin Schreiber will öffentlich nichts mehr zum Islam sagen. „Ich werde mich zu allem, was mit dem Islam auch nur im Entferntesten zu tun hat, nicht mehr äußern. Ich werde keine Bücher dazu schreiben, ich lehne Talkshow-Anfragen ab, ich mache das nicht mehr“, sagt er in einem bemerkenswerten Interview mit dem Chefredakteur der „Zeit“, Giovanni di Lorenzo. „Da mögen“, sagt Schreiber weiter, „jetzt manche feiern und vielleicht die Schampusflaschen aufmachen. Ob das ein Gewinn ist für die Meinungsfreiheit und für den Journalismus, ist eine andere Frage.“

 

Die Reaktionen wurden immer extremer

Constantin Schreiber ist seit 2021 Sprecher der ARD-„Tagesschau“, er hat für eine Zeitung in Libanon gearbeitet, für einen TV-Sender in Ägypten, für den Nachrichtensender n-tv. Für die Sendung „Marhaba – Ankommen in Deutschland“ erhielt er 2016 den Grimme-Preis. Er hat verschiedene Bücher veröffentlicht und sich intensiv mit dem Islam befasst.

Und im Laufe der Zeit, berichtet er im Interview, seien Reaktionen auf seine publizistische Arbeit immer extremer geworden. Er sei als Islamfeind und rechtsextrem verleumdet worden. Zuletzt, am 29. August, wurde er bei einem Auftritt an der Universität Jena von linken Aktivisten mit einer Torte beworfen. Auf Flugblättern sei auf den NS-Propagandafilm „Jud Süß“ angespielt worden.

Die Angreifer nicht „ausgrenzen“

Was Schreiber aber besonders aufstieß, war die seines Erachtens feige Haltung eines Vertreters der Thalia-Buchhandlung, die die Lesung mit ihm an der Universität in Jena organisiert hatte, der angesichts des Übergriffs auf ihn nur davon gesprochen habe, dass man die Angreifer, die erkennbar nicht an einer Diskussion interessiert waren, nicht „ausgrenzen“ wolle. Die Universität habe sich erst zwei Tage nach dem Übergriff geäußert, erst auf Anfragen der Presse hin und nicht gegenüber ihm als dem Betroffenen. Er habe „keine Scheu vor Widerspruch“, sagt Schreiber, aber es sei „etwas anderes, wenn jemand, mit dem ich noch nie geredet habe, den ich gar nicht persönlich kenne, diesen ,Jud Süß‘-Vergleich zieht. Das ist keine Debatte, kein Austausch irgendeines Arguments, kein Für und Wider. Das ist einfach Diffamierung.“

Den Entschluss, sich öffentlich nicht mehr zum Islam zu äußern, sagt Schreiber im Interview mit der „Zeit“, habe er aber schon lange vor diesem Vorfall aufgrund zweier Begebenheiten getroffen. Die eine: Ein Taxifahrer fuhr ihn nach der Nachtschicht bei der „Tagesschau“ nach Hause, sprach während der Fahrt kein Wort und sagte ihm beim Aussteigen: „Jetzt weiß ich, wo du wohnst!“ Die zweite sei ein Seminar gewesen, das er an einer Akademie zum Thema Islam und Medien geben sollte und vor dem er gewarnt wurde, die Veranstaltung würde gesprengt werden. Da habe er sich schließlich gesagt: „Nee, das will ich nicht, ich will diese Negativität in meinem Leben nicht.“

Er spüre, sagt Schreiber weiter, in seiner Zunft schon „eine Vorsicht, wenn es um polarisierende Debatten geht. Da ist natürlich die Islamdiskussion, dazu die Themen Klima oder Migration. Da ist diese Vorsicht sehr deutlich zu spüren, aus der Sorge heraus, in etwas reingezogen zu werden, was sehr unangenehm werden kann.“ Gefragt, ob er seine eigene Erfahrung als Metapher dafür sehe, „was der Journalismus im Moment nicht darf“, sagt Schreiber, es sehe es als Sinnbild „nicht dafür, was er nicht darf, sondern dafür, was er nicht schafft“. Wenn er an Journalistenschulen gehe und mit dem Nachwuchs spreche, stelle er fest, dass es zunehmend Leute gebe, „die sagen, sie wollten nicht Journalist vor der Kamera werden oder eine andere besonders exponierte Stellung anstreben“, weil sie derlei nicht erleben wollten. Sie zögen sich lieber zurück. Das freilich macht Schreiber jetzt auch.