Hanau ist überall – Gemeinsam gegen Rassismus

 
 
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Der Schrecken vor zwei Jahren: SEK-Beamte in der Nähe eines Tatorts in Hanau. Noch immer kämpfen die Hinterbliebenen für Gerechtigkeit. Foto: Boris Roessler/dpa

Zwei Jahre nach Hanau steht fest: Die deutsche Gesellschaft gesteht sich ihren eigenen Rassismus nicht ein. Und die Politik ist viel schuldig geblieben. Dabei ist klar, was getan werden müsste. Ein Kommentar.

Grausame Morde, tödliche Versäumnisse, schleppende Aufklärung: 24 Monate nach dem Anschlag von Hanau plagen die Hinterbliebenen weiterhin viele offene Fragen. Eine prangt über allem und sie quält: Warum wird gegen Rassismus nicht konsequenter vorgegangen?

Denn Rassismus und Rechtsextremismus lauern überall – heute wie damals. Auch in Hanau: Bei der Auflösung des rechtsextremistisch unterwanderten Spezialeinsatzkommandos aus Frankfurt am Main wurde bekannt, dass 13 der 19 beschuldigten Mitglieder auch in der Hanauer Tatnacht im Einsatz waren. Ein unfassbares Beispiel unter vielen.

Ermittlungen eingestellt

Zur Erinnerung: Gökhan Gültekin, Sedat Gürbüz, Said Nesar Hashemi, Mercedes Kierpacz, Hamza Kurtovic, Vili-Viorel Paun, Fatih Saraçoğlu, Ferhat Unvar und Kaloyan Velkov – sie alle sind tot. Wie es genau dazukommen konnte, warum der Mörder ungestört so viele Menschen töten konnte und ob der rechtsextreme Täter Kompliz:innen hatte, das alles interessiert die deutschen Behörden nicht mehr. Das Ermittlungsverfahren wurde eingestellt.

Dass die Hinterbliebenen Spenden sammeln, um die Hintergründe der Tat nun selbst aufzuklären, ist eine Schande für den deutschen Rechtsstaat. Die „Initiative 19. Februar Hanau“, in der sich die Familienangehörigen der Opfer kurz nach der Mordnacht zusammengeschlossen hatten, fordert eine lückenlose Aufklärung und Konsequenzen.

Wer eine Waffe will, der kriegt sie auch

Was getan werden müsste, um solch eine Tat künftig unmöglich zu machen, ist indes klar: Das Nutzen von Waffen sollte nur psychisch gefestigten Menschen ohne extremistisches Gedankengut erlaubt sein. SPD und Grüne sehen das sogar ähnlich und wollen Waffenbesitzer:innen zu regelmäßigen psychologischen Begutachtungen verpflichten.

Tödliches Versagen und viele offene Fragen in Hanau

Das reicht aber noch nicht: Polizei, Gesundheitsämter und Waffenkontrollorgane der Länder müssen künftig enger zusammenarbeiten. Das wäre aber nur ein verbesserter institutioneller Schutz vor extremistischen Waffennarren. Wer dennoch eine Waffe besitzen und nutzen möchte, der findet auch Mittel und Wege. Im Klartext: Wer eine Waffe will, der kriegt sie auch.

Gezielter gegen Rassismus vorgehen

Deswegen müssen Schutzmaßnahmen früher beginnen: Aufklärung und Bildungsarbeit bei Menschen, die potenziell offen für rassistisches und rechtsextremes Gedankengut sind, sind dabei nur ein Mittel. Institutionell muss die Politik und letztlich der Staat stärker und gezielter gegen Rassismus vorgehen.

Zum Beispiel mit einem Bundespartizipationsgesetz, einer flächendeckenden Opfer- und Antidiskriminierungsberatung oder einer gesetzlich festgeschriebenen Definition von Rassismus – diese Forderungen kommen direkt von den Betroffenen. Die Hoffnung dahinter: Behörden handlungsfähiger gegen Rassist:innen zu machen.

Rassismus bedroht uns alle

Denn Rassismus bedroht uns alle, nicht nur die – immerhin 26 Prozent – Menschen mit Migrationsgeschichte in unserem Land. Er ist Gift für unser Zusammenleben, für unsere Gemeinschaft. Zusammenhalt und nicht Hass sollte unser Land definieren. Doch davon sind wir (aktuell) weit entfernt.

Hanau war kein Einzelfall. Rassismus hat in diesem Land Tradition – genau wie das Leugnen rechter Gewalt und das Versagen der Behörden. Das zeigen der NSU-Komplex und Halle, Hoyerswerda und Lichtenhagen, Mölln und Solingen.

Hanau ist überall, tun wir endlich etwas dagegen. Gemeinsam.