Im Livestream: Bundestag gedenkt Opfern des Nationalismuss
Anlässlich des 75. Jahrestags der Auschwitz-Befreiung gedenkt der Bundestag der Opfer des Nationalsozialismus. Erstmals werden die Präsidenten Israels und Deutschlands gemeinsam an der Gedenkstunde teilnehmen.
Der Bundestag gedenkt am Mittwoch der Millionen Opfer des Nationalsozialismus (11 Uhr). Die Gedenkreden werden Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und Israels Präsident Reuven Rivlin halten. Anlass ist der 75. Jahrestag der Befreiung des Konzentrations- und Vernichtungslagers Auschwitz durch sowjetische Truppen.
Steinmeier bedankte zu Beginn seiner Rede Reuven Rivlin für sein Kommen und bezeichnete es als Zeichen der Verbundenheit Deutschlands und Israels. "Wir sind dankbar für dieses Zeichen. Wir verstehen es als Verpflichtung", sagte Steinmeier.
Der Bundespräsident zeigte sich besorgt über das Anwachsen des Antisemitismus und des Nationalismus in Deutschland. Er sprach von einer trügerischen Selbstgewissheit der Deutschen "Ich wünschte, ich könnte, erst recht vor unserem Gast aus Israel, heute mit Überzeugung sagen: Wir Deutsche haben verstanden. Doch wie kann ich das sagen, wenn Hass und Hetze sich ausbreiten, wenn das Gift des Nationalismus wieder in Debatten einsickert."
Steinmeier sagte, die Annahme, der alte Ungeist würde mit der Zeit vergehen, sei falsch gewesen. "Die bösen Geister der Vergangenheit zeigen sich heute in neuem Gewand. Mehr noch: Sie präsentieren ihr völkisches, ihr autoritäres Denken als Vision, als die bessere Antwort auf die offenen Fragen unserer Zeit."
Zu Beginn der Feierstunde hatte Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble vor einer Verharmlosung der Nazi-Verbrechen gewarnt. "Immer wieder gab es Versuche, und es gibt sie immer noch, die Verbrechen kleinzureden. Das wird nicht gelingen", sagte der CDU-Politiker. Es gehöre zum gesellschaftlichen Grundkonsens, diese historische Verantwortung anzunehmen. "Sie ist konstitutiv für das Selbstverständnis unseres Landes. Wer an diesem Fundament rüttelt, wird scheitern."
Schäuble betonte, die Geschichte gebe keine Handlungsanleitungen. Wer sich mit ihr ernsthaft befasse, schärfe aber seine Sensibilität für Entwicklungen in der Gegenwart und könne sie besser deuten. Er mahnte, die Erinnerung an die deutschen Verbrechen im Zweiten Weltkrieg wach zu halten. "Ein heilsames Schweigen über Auschwitz gibt es nicht", sagte er.
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Steinmeier war vergangene Woche auf Rivlins Einladung in Israel und hielt dort als erster Bundespräsident eine Rede in der Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem. Am Montag nahmen die beiden Präsidenten an der Zeremonie in der Gedenkstätte Auschwitz teil, von dort reisten sie gemeinsam nach Berlin. Die Gedenkstunde des Bundestags für die Opfer des Nationalsozialismus findet seit 1996 jährlich statt.
Verwendete Quellen:
- Nachrichtenagentur AFP