Kein  Schlussstrich – Die Aufarbeitung beginnt jetzt! 

 

Berlin – Die Türkische Gemeinde in Deutschland (TGD) begrüßt das Urteil gegen Beate Zschäpe und fordert weitere Strafverfahren gegen das Unterstützernetzwerk des NSU. Das Ende des NSU-Prozesses darf keinesfalls der Schlussstrich der Aufklärung bedeuten.

Der Vorsitzende der TGD, Gökay Sofuoglu, erklärt:  „Angela Merkel und viele andere haben den Opfern eine lückenlose Aufklärung versprochen. Dieses Versprechen wurde gebrochen. Die Bundesanwaltschaft (BAW) hat in diesem langen Prozess eine Strategie verfolgt, in der sie sich entgegen aller Erkenntnisse aus den parlamentarischen Untersuchungsausschüssen und den zahlreichen Recherchen auf die bloße Behauptung einer isolierten »Trio«–Einzeltäter -These versteift hat. Mit dieser Strategie ging es der BAW wohl darum, die ideologische und strukturelle Einbettung des NSU in ein organisiertes rechtes Netzwerk, das staatliche Mitverschulden und den institutionellen Rassismus in Sicherheitsbehörden zu verschweigen. Auch wenn die BAW ihre Augen verschließen will – wir schauen nicht weg.“ 

Mehrere zivilgesellschaftliche Initiativen wie Tribunal NSU-Komplex auflösen, NSU-Watch sowie die parlamentarischen Untersuchungsausschüsse konnten zeigen, dass der NSU kein isoliertes Trio war, sondern dass mindestens 24 Personen aus der Szene der NaziOrganisationen Thüringer Heimatschutz und Blood & Honour, darunter mehrere V-Personen, nicht nur in direkten Kontakt mit dem Trio gestanden haben, sondern ihnen eine Infrastruktur bereitstellten, die das Morden und Untertauchen erst ermöglichten.  

Atila Karabörklü, ebenfalls Bundesvorsitzender der TGD, macht deutlich: „Das Vertrauen in den Rechtsstaat ist fundamental für das Zusammenleben in einer freiheitlich-demokratischen Ordnung. Unser Vertrauen in die staatlichen Institutionen ist zutiefst erschüttert. Es muss alles dafür getan werden, dieses Vertrauen zurückzugewinnen. Das bedeutet, dass wir weitere Strafverfahren gegen die konkret benannten Nazis und V-Personen im NSU-Komplex fordern.“

Die Auseinandersetzung mit Rechtsextremismus und Rassismus muss stärker auf die öffentliche und politische Agenda rücken. Der NSU ist in einem gesellschaftlichen Umfeld entstanden, in dem rassistische Diskurse akzeptiert wurden und straffrei blieben. Auch heute bereiten rechte Bewegungen und eine rechte Partei im Bundestag den Nährboden für Hass und Gewalt. 

Sofuoğlu appelliert an die Bundesregierung: „Solange die mutmaßlichen HelferInnen immer noch frei sind, solange die Ermittlungen von den Sicherheitsbehörden blockiert werden, solange Opfer zu Tätern gemacht werden, solange Rassismus Teil von staatlichen Strukturen ist, solange ist das friedliche Zusammenleben aller Menschen in diesem Land gefährdet. Wir brauchen einen Aufschrei unserer Zivilgesellschaft, unabhängig von Religion, Herkunft oder sexueller Orientierung, um Rassismus in seinen Wurzeln zu bekämpfen.“