Die Türkische Gemeinde in Deutschland (TGD)
zeigt sich entsetzt über Zeitpunkt, Wortwahl und Inhalt des Seehofer-Interviews mit der BILD-Zeitung.
Der Bundesvorsitzende der TGD Gökay Sofuoğlu dazu:
„Diese wenig hilfreiche Debatte über den Islam in Deutschland wieder zu eröffnen, ausgerechnet in einer Zeit, in der Moscheen und Flüchtlingsunterkünfte brennen, zeigt, dass Herr Seehofer in der Rolle des Innenministers noch nicht angekommen ist. Ich möchte ihn daran erinnern, dass er kein Ministerpräsident mehr im Wahlkampfmodus ist, sondern Innenminister aller Bürgerinnen und Bürger dieses Landes. Wir wünschen uns ein entsprechendes Verantwortungsbewusstsein. Unabhängig davon, wie man zu der Frage nach der historischen Zugehörigkeit des Islam in Deutschland steht: Die Religionsfreiheit gehört zweifelsfrei zu Deutschland. Sie ist im Grundgesetz verankert.“
Sofuoğlu führt weiter aus:
„Herr Seehofer betont in seinem Interview, dass Muslime zu Deutschland gehören. Ich möchte ihn aber dennoch einmal direkt fragen: Herr Seehofer, bin ich nun eigentlich Teil ‚Ihrer‘ Heimat, der Heimat, der sich ihr Ministerium widmet, oder bin ich es nicht? Ist Mesut Özil Teil ihrer Heimat oder ist er es nicht? Spielen die Interessen der Menschen mit Migrationsgeschichte eine Rolle bei der Gestaltung unserer Heimat oder nicht? Wir wünschen uns von unserem Innenminister unmissverständliche Antworten auf diese Fragen.“
Die TGD ist überzeugt, dass die „landestypischen Traditionen und Gebräuche“ nicht von Muslimen bedroht werden, sondern von Menschen, die unser Grundgesetz missachten.
Atila Karabörklü, Ko-Vorsitzender der TGD, stellt fest: „Kein Muslim hindert unseren Innenminister oder sonst jemanden daran, an Pfingsten und Ostern in die Kirche zu gehen. Derartige Zusammenhänge entbehren jeglicher Grundlage.“ Stattdessen zeigen die Aussagen des Innenministers, wie weit die aktuelle Debatte von der gesellschaftlichen Realität entfernt ist.
Gökay Sofuoğlu meint abschließend:
„Ein Blick auf das aktuelle Kabinett, auf alle Minister*innen und Staatsekretär*innen, macht es überdeutlich: Menschen mit Migrationshintergrund sind nicht ausreichend in der Politik repräsentiert! Die Debatte um den Islam lenkt nur davon ab, was für ein gewaltiges Demokratiedefizit wir haben. Ein Innen- und Heimatminister, der nach eigener Aussage die Menschen im Land einen will, sollte ein größeres Interesse daran haben, dass sich ein Viertel der Gesellschaft in den politischen Institutionen auch wiederfindet. Vertrauen in die Politik schaffen wir, indem wir alle Menschen einbinden, nicht indem wir sie ausschließen. Und nur Vertrauen führt dann auch zu einem Zugehörigkeitsgefühl, das wir uns wünschen.“