Aggressor Ankara: Der unbemerkte Krieg gegen Kurdistan

 
 
 
Protest mit kurdischen Flaggen: Das nordirakische Erbil, Hauptstadt der autonomen Region Kurdistan, ist immer wieder Schauplatz gezielter Angriffe. Foto: Levi Meir Clancy / Unsplash

Kampfjets, Haubitzen, Drohnen: Während die Türkei im Ukraine-Krieg als Vermittler auftritt, greift das türkische Militär fast unbemerkt die Autonomieregion Kurdistan im Nord-Irak an. Was hinter den Angriffen steckt.

Krieg in Kurdistan: Die Rede ist von einer „Operation“ gegen „PKK-Stellungen“. Wie so häufig. Kampfjets, Haubitzen und Drohnen sind im Einsatz. Und in den Medien gibt es dazu mal wieder wenig bis nichts. Wie so häufig. Was wirklich in der nord-irakischen Autonomieregion Kurdistan passiert, ist im Westen indes kaum bekannt.

Deswegen in aller Deutlichkeit: Die Türkei – ein Nato-Mitglied – greift Kurd:innen an und verletzt damit Völkerrecht. Stillschweigend wird das wieder einmal hingenommen. Mehr noch: Berlin betont die Wichtigkeit „deutsch-türkischer Partnerschaft“. Für die Bundesrepublik und die USA sowie weitere westliche Partner gilt die Türkei gerade jetzt als wichtigster staatlicher Vermittler zwischen der Ukraine und Russland.

Erdoğans fast unbemerkter Krieg

Perfektes Timing, beste Inszenierung: Für den türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdoğan könnte es keinen besseren Zeitpunkt geben. Jetzt, wo alle Welt auf die Ukraine schaut und die Folgen des Krieges managen muss.

Rojava – Der 1000 jährige Streit

Sanktionen gegen den Bündnispartner sind indes kein Thema, obwohl die Aggression von türkischer Seite kommt. Sichere Fluchtwege und unkomplizierter Schutz für Kurd:innen? Fehlanzeige. Während Grenzen für ukrainische Geflüchtete – zu Recht – offen sind, bekommen fliehende Kurd:innen in Deutschland kein Asyl. Eine verhängnisvolle Doppelmoral.

Zivilbevölkerung als Ziel der Angriffe

Und die türkische Regierung lässt ungestört Drohnen und Kampfflugzeuge über Kurdistan fliegen. Aktuell bombardiert das Militär auf Geheiß Ankaras die nord-irakischen Regionen Metîna, Zap, Avaşîn und die west-kurdische Stadt Kobanê. Nicht selten sind auch Zivilist:innen Ziel der Angriffe.

Das Vorgehen Erdoğans dürfte vor allem innenpolitisch motiviert sein. Mit dem Krieg – und mit der Vermittlung im Ukraine-Krieg – will er von der miserablen Lage im eigenen Land ablenken. Die Wirtschaft am Boden, eine grassierende Inflation, steigende Armut und eine taumelnde Währung.

Wahlen stehen an

Die türkische Gesellschaft hätte allen Grund, sich nicht von den außenpolitischen Manövern der AKP-Regierung ablenken zu lassen. Hinzu kommt: Die Wahl zur 28. Großen Nationalversammlung der Türkei soll am 18. Juni 2023 gleichzeitig mit der Präsidentschaftswahl stattfinden.

Erdoğan und seine Getreuen beginnen, sich in Stellung zu bringen – unter anderem mit der viel beachteten Vermittlerrolle zwischen den Konfliktparteien Russland und der Ukraine, aber auch im Nord-Irak.