Koblenz: Lebenslange Haft in Prozess um Staatsfolter in Syrien

EILMELDUNG: Lebenslange Haft in Koblenzer Prozess um Staatsfolter in Syrien

 

Er war als Vernehmungschef in einem Gefängnis der syrischen Hauptstadt für die Folter von Insassen verantwortlich – jetzt wurde Anwar Raslan vom Oberlandesgericht Koblenz im ersten Prozess um Staatsfolter in Syrien verurteilt.

Im weltweit ersten Prozess über syrische Staatsfolter ist Anwar Raslan wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit, 27-fachen Mordes und weiterer Delikte zu lebenslanger Haft verurteilt worden. Das gab das Oberlandesgerichts (OLG) in Koblenz bekannt.

Das Gericht sieht es als erwiesen an, dass der 58-Jährige in einem Gefängnis des Allgemeinen Geheimdienstes in der syrischen Hauptstadt Damaskus als Vernehmungschef für die Folter von mindestens 4000 Menschen verantwortlich gewesen sein. Mindestens 30 Gefangene seien gestorben.

Der Prozess hatte vor 108 Verhandlungstagen im April 2020 begonnen und sorgte international für Aufsehen. Mehr als 80 Zeugen waren geladen, eine Reihe von Folteropfern trat als Nebenkläger auf. Es ist der erste Fall dieser Art, in dem sich ein Akteur des syrischen Bürgerkrieges für sein Handeln verantworten musste.

Die Bundesanwaltschaft hatte zuvor lebenslange Haft für den Syrer Raslan beantragt – und die Feststellung der besonderen Schwere der Schuld, was eine Haftentlassung nach 15 Jahren nahezu ausschließt. Die Verteidigung hat Freispruch gefordert.

Raslan selbst hatte sich als unschuldig bezeichnet. Er habe nicht gefoltert und auch keinen einzigen Befehl dazu erteilt. Im Gegenteil, er habe auch für Freilassungen gefangener Demonstranten des Arabischen Frühlings gesorgt. Insgeheim habe er mit der syrischen Opposition sympathisiert und sie nach der Flucht aus seiner Heimat unterstützt – auch mit der Teilnahme an der zweiten Syrien-Friedenskonferenz 2014 in Genf.

Dass Raslan vor einem deutschen Gericht verurteilt werden konnte, ermöglicht das Weltrechtsprinzip im Völkerstrafrecht. Mögliche Kriegsverbrechen von Ausländern können so auch in anderen Staaten verfolgt werden.