Türkische Mafia, Osmanen Germania: Solinger Taner Ay nach Peker-Enthüllungen in Erklärungsnot
Sedat Peker sprach in einem seiner letzten Videos von den „Brüdern in Deutschland“. Diese seien gute Leute, die der Mafia-Leader schätze, und denen er über den AKP-Politiker Metin Külünk Geld vermittelt habe. Die Hintergründe.
Kurz nach dieser Enthüllung brach in türkischen Medien und Social-Media-Kanälen ein Shitstorm los. Dieser richtete sich nicht nur gegen Metin Külünk. Auch einzelne Vereine und Personen aus Deutschland wurden thematisiert. Darunter die mittlerweile verbotenen Osmanen Germania und ein gewisser Taner Ay aus dem nordrhein-westfälischen Solingen.
Eine Reaktion ließ nicht lange auf sich warten: Der Gründer der Osmanen Germania, Selçuk Can Şahin, veröffentlichte vor wenigen Tagen eine Videobotschaft, in Form zweier Videoaufnahmen. Beide teilte der Solinger Geschäftsmann Taner Ay auf seinem persönlichen Feed. Offenbar nicht ohne Grund.
Finanzierte Peker die Osmanen Germania?
Der Deutsch-Türke steht unter Verdacht, eng mit den Osmanen Germania verbunden zu sein. Ein Video Şahins richtete sich an die deutsche Öffentlichkeit. Es ist acht Minuten lang. Er erklärt darin: „Mein Name ist Selçuk Can Şahin. Der Gründer von den Osmanen Germania. Ich möchte mich gerne zu den neuesten Vorfällen in den Medien äußern, die so nicht stimmen.„
Anlass für die Videos sind Behauptungen des flüchtigen Mafia-Paten Sedat Peker, der mit seinen mittlerweile ins Stocken geratenen Enthüllungen die Türkei auf Trab hält. Ohne weitere Namen zu nennen, gab Peker an, über Külünk Geld an eine Gruppierung in Deutschland übermittelt zu haben. Schon bald wurde spekuliert, dass es sich dabei um die Osmanen Germania handeln könnte.
Hawala-artige Deals
Zwar beteuert Şahin, nie Geld von Peker bekommen zu haben. Doch dass er Geld von Külünk erhielt, sei korrekt. In sozialen Medien und von Seiten oppositioneller Journalisten in der Türkei wurde daraufhin der Solinger Ay verdächtigt, der Mittelsmann bei diesen Hawala-artigen Deals zu sein.
In Şahins Video heißt es indes weiter: „Und dann gibt es noch Namen wie Çetin Ay, den ich persönlich nicht kenne, von dem ich noch nie etwas gehört habe. Erst durch die Medien habe ich erfahren, dass er unser Berater sein soll. Die Osmanen Germania hatten Herrn Çetin dabei noch nie als Berater und kennen ihn gar nicht. Und seinen Sohn Taner Ay genauso wenig.“
Şahin widerspricht sich auf Türkisch
Mit diesen Worten nimmt Şahin also einen ihm angeblich unbekannten Mann in Schutz. Im zweiten Video spricht der deutsch-türkische Rocker in seiner Muttersprache: Es fällt auf, dass der Anführer der Osmanen Germania der türkischen Sprache eher auf umgangssprachlichem Niveau mächtig zu sein scheint.
Auf Türkisch hält er sich vergleichsweise kurz und spricht nur zwei Minuten lang. Allerdings sind es zwei Minuten zu viel, weil er sich widerspricht: Diesmal meint Şahin dem Geschäftsmann Taner Ay auf einer Veranstaltung der UETD (mittlerweile UID) in Köln begegnet zu sein. Bei dem Termin seien auch Fotos entstanden.
„Welt“: „Taner A. war führendes Mitglied der Osmanen Germania“
Darüber hinaus teilte Şahin mit, dass er die Herren Çetin und Taner Ay nicht persönlich kenne. Diese seien aber keinesfalls Mitglieder der Osmanen Germania und auch nie gewesen. Warum der Rocker den in Bedrängnis geratenen Taner Ay per Video in Schutz nimmt, wirft Fragen auf.
Bereits 2019 schrieb Lennart Pfahler in der „Welt“ über Taner Ay und seine vermeintlichen Beziehungen zu den Osmanen Germania. Der Redaktion würden Belege vorliegen, wonach Ay gar „ein führendes Mitglied“ der mittlerweile verbotenen Gruppierung gewesen sei.
Enge Beziehungen zum türkischen Außenminister
Der selbe Taner Ay platziert in seinem Instagram-Feed gern Fotos mit hochrangigen türkischen Regierungsmitgliedern sowie Bürokraten. Seine Beziehungen zu diesen Politikern würden so weit reichen, dass er bei der G20-Außenministerkonferenz in Bonn im Februar 2017 als Teil der türkischen Delegation unterwegs gewesen sei, behauptet er.
Wer sein Instagram-Profil durchforstet, wird unschwer erkennen, dass er ein besonderes Verhältnis zum türkischen Außenminister Mevlüt Çavuşoğlu pflegt. Aus den Foto geht hervor, dass sie sich privat treffen, etwa zum Golf spielen. Offenbar ließ es sich der türkische Außenminister auch nicht nehmen, den Solinger Ay auf seinem Familienanwesen im Bergischen zu besuchen – quasi auf einen „Çay“ in Solingen.
Eine Erklärung, warum Taner Ay nun ins Visier der Öffentlichkeit geraten ist, könnte ein Foto mit dem derzeit in der Kritik stehenden türkischen Innenminister Süleyman Soylu sein. Peker führt nämlich einen rhetorischen Krieg gegen Soylu und greift ihn über fragwürdige Personen aus dessen Umfeld an.
Selfies mit politischen Größen?
Neben Soylu postete Ay in seinem Feed auch ein Foto mit dem Chef des türkischen Geheimdienstes Hakan Fidan sowie dem Verteidigungsminister Hulusi Akar. Im Vergleich zu Çavuşoğlu und Soylu sehen beide aber eher desinteressiert aus. Es scheint so, als hätte Ay auf einer Veranstaltung die Chance genutzt, sich Selfies mit den politischen Größen zu besorgen.
In seiner Instagram-Bubble gibt Ay gerne den türkischen Geschäftsmann mit exklusiven Verbindungen in die Politik und eigenen Gefolgsleuten. Nicht fehlen dürfen: teure Autos und Designer-Klamotten. Wenn Ay aus seinem Anwesen tritt, stehen seine Butler scheinbar bereit, um ihm die Türen für seine Luxusfahrzeuge aufzuhalten.
Den Bildern zufolge fährt der Solinger in der Türkei bevorzugt italienische Sportwagen, in Deutschland steht ihm eine Porsche-Flotte bereit. Auf dem Dach eines Porsche Panameras hatte er ein Blaulicht montiert, um den damaligen Ministerpräsidenten Binali Yıldırım vor einem Hotel in Düsseldorf abzuholen und ihn zu eskortieren.
Pflegt Ay Kontakte zur türkischen Mafia?
Nachdem Peker in einem Video von den „Freunden in Deutschland“ sprach, ranken sich weitere Mythen in den sozialen Medien um Taner Ay. Er sei gar der Anführer der Osmanen Germania, heißt es im Netz. Und sein Vater Çetin Ay fungiere als Ehrenbotschafter der Türkischen Republik Nordzypern in Düsseldorf. Zumindest den Titel Nordzyperns scheint er nun verloren zu haben.
Mit seinen Videos auf Instagram erinnert Taner Ay an die türkische Kultserie „Tal der Wölfe“ (hier geht es zum betreffenden Video). Darin spielt „Polat Alemdar“, ein nationalstolzer Mafiosi, die Hauptrolle. Er agiert verdeckt und eigeninitiativ für den Staat. Dieses Klischee inszeniert Taner Ay via Social Media.
Hinzu kommt: Ay posiert gern mit schweren Waffen und Personen aus dem Umfeld der türkischen Mafia. Darauf lassen seine Fotos mit Alperen Göktuğ Yılmaz deuten. Ein Blick auf dessen Account lässt aufhorchen. Denn dieser junge Mann hat ebenfalls einen Hang zum Posen mit türkischen Bürokraten, Politikern und der Mafia. So stellt er sich an die Seite von Alaattin Çakıcı und Mehmet Ali Ağca. Beide Figuren sind vorbestrafte gefährliche Schwergewichte der türkischen Unterwelt.
Wie eng Taner Ay mit der türkischen Mafia oder den Osmanen Germania tatsächlich verbunden ist, bleibt zum jetzigen Zeitpunkt offen. Auch, ob Ay aufgrund der jüngsten Enthüllungen ins Visier deutscher Sicherheitsbehörden geraten ist, bleibt unbeantwortet