Der Grünen-Politiker Cem Özdemir sieht den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan in der Pflicht, bei seinem für Montag geplanten Besuch in Brüssel den Europäern entgegenzukommen. “Als ersten Schritt muss Erdogan seinen Kettenhund, Innenminister Soylu, zurückpfeifen und selbst aufhören, sich wie ein Erpresser zu benehmen. Die Europäische Union ist keine Geisel und sollte sich auch nicht so benehmen”, sagte Özdemir dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND).
Erst nach einer Abkehr Ankaras von seiner gegenwärtigen Migrationspolitik dürfe sich die EU auf Verhandlungen zur Zukunft des EU-Türkei-Abkommens einlassen. “Sobald Erdogan aufgehört hat, die Flüchtlinge an die griechische Grenze zu zwingen, kann und muss man über Hilfen für die Flüchtlinge in der Türkei reden. Dabei muss sichergestellt werden, dass die Hilfe auch bei den Bedürftigen ankommt und nicht dazu dient, seine abstrusen Monsterprojekte wie den Kanal zwischen dem Schwarzen und dem Marmarameer zu bauen”, mahnte der frühere Grünen-Chef.
Özdemir schloss Visaerleichterungen für die Türkei, wie sie im 2016 in Kraft getretenen EU-Türkei-Deal vorgesehen sind, nicht aus. “Wenn Erdogan wieder zu zivilisierten Umgangsformen zurückkehrt, kann man auch über Visumserleichterungen reden – vorausgesetzt, die Türkei übernimmt die Terrorismusdefinition der EU und nutzt den Begriff nicht länger, um missliebige Meinungen zu unterdrücken”, betonte er.
Bei den Brüsseler Gesprächen zwischen Erdogan und den Spitzen der EU müsse es auch um die Lage in Syrien gehen: “Ein weiteres Thema muss die Errichtung einer Schutzzone für die leidgeprüften Menschen in Idlib und Umgebung sein, damit humanitäre Zugänge geschaffen werden können”, forderte Özdemir.
Der türkische Präsident wird am Montag für einen Arbeitsbesuch in Brüssel erwartet. Dort wird er sich am Abend mit EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und EU-Ratspräsident Charles Michel zu Gesprächen treffen.
Erdogan hatte am 29. Februar erklärt, die Grenzen zur EU seien geöffnet. Daraufhin hatten sich Tausende Migranten in der Türkei auf den Weg an die griechische Grenze gemacht. Griechenland hielt die Grenze jedoch geschlossen.
Von Marina Kormbaki/RND