Verwaltungsgericht Gießen Richter hält NPD-Slogan "Migration tötet" für historisch belegt
Eine hessische Gemeinde hängte fremdenfeindliche Wahlwerbung der NPD ab, die Partei klagte daraufhin. Nun gab ein Richter der rechtsextremen Partei recht - mit einer abstrusen Begründung.
Die Aufschrift sei nicht volksverhetzend, sondern entspreche teilweise der Realität: Mit dieser Begründung erklärte ein Richter am Verwaltungsgericht Gießen Wahlplakate der rechtsextremen NPD mit der Aufschrift "Migration tötet" für rechtens. Für den zuständigen Richter ist "der objektive Aussagegehalt 'Migration tötet' eine empirisch zu beweisende Tatsache". (Az. 4 K 2279/19.GI)
Absurd liest sich auch die ausufernde Begründung des Urteils. Es stammt bereits aus dem August 2019, jetzt berichteten das Redaktionsnetzwerk Deutschland und das Rechtsmagazin "Legal Tribune Online" erstmals. Der zuständige Richter hatte das Urteil allein gefällt. Er versucht darin darzulegen, wie "historische Wanderungsbewegungen" etwa für den Untergang des "fremdenfreundlichen" römischen Reichs oder der Inka-Hochkultur verantwortlich waren.
"Aus den zitierten beispielhaften historischen Wanderungsbewegungen wird deutlich, dass Migration tatsächlich in der Lage ist, Tod und Verderben mit sich zu bringen", so der Richter. Weiter führt er aktuelle Statistiken zu Sexual- und Tötungsdelikten an. Sie sollen Zusammenhänge zwischen Migration und etwa der Kölner Silvesternacht, Salafismus und Ehrenmorden beweisen.
Die Begründung der Gemeinde: nicht überzeugend
Anlass für das Urteil war eine Klage der rechtsextremen NPD gegen die hessische Gemeinde Ranstadt gewesen. Die Gemeinde hatte kurz vor der Europawahl im Mai 2019 alle NPD-Plakate mit der Aufschrift "Stoppt die Invasion: Migration tötet. Widerstand jetzt" abhängen lassen.
Das Plakat schüre Angst vor Ausländern und erwecke den Eindruck, dass alle in Deutschland lebenden Migranten potenzielle Mörder seien, so begründete die Gemeinde ihre Aktion damals. Das fand der Richter offenbar weniger überzeugend.
Stattdessen hielt der Richter fest, dass die Plakate den Tatbestand der Volksverhetzung nicht erfüllten, da es sich bei der Einwanderung von Flüchtlingen tatsächlich um eine "Invasion" gehandelt habe.
Urteil noch nicht rechtskräftig
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Der Richter ließ wegen grundsätzlicher Bedeutung die Berufung zum Hessischen Verwaltungsgerichtshof zu. Nach Angabe von "Legal Tribune Online" hat die beklagte Stadt bereits Berufung eingelegt. Eine Entscheidung wird erst im kommenden Jahr fallen.
In einem ähnlichen Fall hatte das Verwaltungsgericht Dresden der Stadt Zittau Recht zugesprochen. Die Stadt hatte ebenfalls NPD-Plakate mit der Aufschrift "Migration tötet" abhängen lassen - diese entsprechen laut dem Urteil vom Mai 2019 dem Straftatbestand der Volksverhetzung.