Urteil in Frankfurt: Lebenslange Haft für syrischen Arzt wegen Verbrechen gegen Menschlichkeit
Von Der Spiegel
Knapp dreieinhalb Jahre dauerte das Verfahren gegen den syrischen Arzt Alaa M. Nun verurteilte ihn das Frankfurter Oberlandesgericht zu einer lebenslangen Haftstrafe.
Urteil in Frankfurt: Lebenslange Haft für syrischen Arzt wegen Verbrechen gegen Menschlichkeit © Ronald Wittek / EPA
Wegen Folter und Kriegsverbrechen in seiner syrischen Heimat ist der Arzt Alaa M. in Frankfurt am Main zu lebenslanger Haft verurteilt worden. Zugleich stellte das Frankfurter Oberlandesgericht die besondere Schwere der Schuld fest, was eine vorzeitige Haftentlassung nach 15 Jahren in der Praxis so gut wie ausschließt. Für M. wurde die Unterbringung in Sicherungsverwahrung verhängt. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
In dem Verfahren wurden dem Arzt zwei Todesfälle und acht Fälle schwerer Folter zur Last gelegt, begangen in den Jahren 2011 und 2012 in Syrien.
Der heute 40-Jährige lebt seit zehn Jahren in Deutschland und hatte in mehreren Kliniken als Orthopäde und Unfallchirurg gearbeitet, zuletzt im nordhessischen Bad Wildungen. Im Sommer 2020 wurde der Familienvater festgenommen, Opfer hatten ihn in einer TV-Dokumentation über die syrische Stadt Homs wiedererkannt.
Seitdem saß er in Untersuchungshaft. Der Mediziner soll inhaftierte Zivilisten, die der Opposition gegen Machthaber Baschar al-Assad zugerechnet wurden, gefoltert haben. Der Prozess gegen ihn begann im Januar 2022.
An 186 Verhandlungstagen prüften die Richterinnen und Richter die Vorwürfe gegen Alaa M. Knapp dreieinhalb Jahre dauerte das Verfahren. Die Aufarbeitung war eine Herausforderung, da der Verdacht bestand, der syrische Geheimdienst beeinflusse Zeugen oder deren Familien. Die Sicherheitsvorkehrungen waren hoch, die Gefahrenlage und der Schutz für alle Beteiligten am Verfahren mussten stets aufs Neue eingeschätzt werden.
Dass sich der Arzt wegen Verbrechen in seiner Heimat vor einem deutschen Gericht verantworten muss, liegt auch am sogenannten Weltrechtsprinzip im Völkerstrafrecht. Es erlaubt, auch hierzulande mögliche Kriegsverbrechen von Ausländern in anderen Staaten zu verfolgen. Bislang gab es nur einen Prozess in der Bundesrepublik, der sich mit dem syrischen Foltersystem befasste, am Oberlandesgericht Koblenz.