Türkei und PKK: Hoffnung auf Frieden scheint dieses Mal größer
Besonders die Diskussion um eine mögliche Freilassung des seit 1999 inhaftierten PKK-Chefs Abdullah Öcalan habe das Potenzial, eine historische Wende einzuleiten, sagte Coşkun dem Spiegel. Den Anstoß für die neue Dynamik kam von unerwarteter Seite: Devlet Bahçeli, Parteivorsitzender der Nationalistischen Bewegung (MHP) und enger Regierungspartner von Präsident Recep Tayyip Erdoğan, schlug vor, Öcalan auf Bewährung freizulassen.
Bahçeli betonte, eine Freilassung sei nur denkbar, wenn Öcalan der Gewalt abschwöre und die PKK auflöse. Erdoğan zeigte sich offen und kündigte an, den Vorschlag seines Koalitionspartners ernsthaft zu prüfen. Die Integration der Nationalisten in einen möglichen Friedensprozess könnte ein entscheidender Unterschied zu früheren, gescheiterten Verhandlungen sein, meint Coşkun.
Historischer Wandel oder strategischer Schachzug?
Die PKK führt seit über 40 Jahren einen bewaffneten Kampf für kurdische Autonomie im Südosten der Türkei. In dieser Zeit forderte der Konflikt zehntausende Menschenleben und hielt die Region in einem Zustand permanenter Unsicherheit. Frühere Friedensgespräche zwischen türkischen Regierungen und der PKK, bei denen Öcalan eine Schlüsselrolle spielte, scheiterten 2015, nachdem die Gewalt wieder eskalierte.
Die Initiative Bahçelis könnte indes mehr sein als ein bloßer Friedensimpuls. Kritiker vermuten, dass die türkische Regierung angesichts wirtschaftlicher Krisen und einer zunehmend polarisierten Gesellschaft einen strategischen Schachzug wagt. Ein potenzieller Friedensschluss mit der PKK könnte Erdoğans angeschlagene politische Position stärken. Wie ernst er es meint, bleibt abzuwarten. Diese Woche erklärte er, dass die prokurdische DEM-Partei (Nachfolgerin der HDP) bereits im Austausch mit der Öcalan-Seite stehe, um mögliche Verhandlungen vorzubereiten.
Für die Türkei steht viel auf dem Spiel
Coşkun sieht dennoch Grund zur Hoffnung: „Die Regierung in Ankara scheint es diesmal sehr ernst zu meinen“, sagte er dem „Spiegel“. Insbesondere die Einbindung der Nationalisten könne dazu beitragen, den Friedensprozess in der breiten türkischen Gesellschaft abzusichern.
Auf kurdischer Seite sei indes ebenfalls Bewegung nötig: „Wenn man regieren will, muss man Kompromisse schließen“, schließt Coşkun. Für die Türkei steht viel auf dem Spiel: Ein Ende des Konflikts könnte nicht nur den Südosten des Landes stabilisieren, sondern auch das internationale Ansehen Ankaras verbessern.