Erdogan und Mitsotakis treffen sich in New York – eine neue Chance auf Frieden?
Immer wieder steht der Streit um Mittelmeerinseln kurz vor der Eskalation. Jetzt sind die Chancen auf eine Aussöhnung so gut wie lange nicht mehr. Auch die EU und die Nato würden profitieren.
Die Türkei und Griechenland nähern sich weiter an: Am Mittwoch treffen sich der griechische Premier Kyriakos Mitsotakis und der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan am Rand der UN-Vollversammlung in New York. Das Gespräch gilt als Auftakt für neue Verhandlungen zwischen den verfeindeten Nachbarn. Beide Länder streiten seit Jahrzehnten über die Hoheitsrechte und Wirtschaftszonen im östlichen Mittelmeer.
Zuletzt herrschte ein eisiges Klima zwischen Ankara und Athen. Noch im Sommer 2020 ließen die Türkei und Griechenland im östlichen Mittelmeer ihre Kriegsflotten gegeneinander auffahren. Im Dezember vergangenen Jahres drohte Erdogan indirekt mit einem Raketenangriff.
Jetzt kommen aber versöhnliche Töne aus Ankara. Am Rand des Nato-Gipfels in Vilnius vereinbarten Erdogan und Mitsotakis im Juli, eine Wiederannäherung und „häufigere Kontakte auf allen Ebenen“ anzustreben.
Anfang September besuchte der griechische Außenminister Giorgos Gerapetritis seinen türkischen Amtskollegen Hakan Fidan in Ankara. Gerapetritis berichtete von einem „Klima des Optimismus“. Fidan sprach von einer „neuen und positiven Ära in den Beziehungen zu Griechenland“. Das Spitzentreffen der beiden Regierungschefs in New York soll diese Woche den Neubeginn besiegeln.
Erdogan hat gute Gründe, jetzt auf Griechenland zuzugehen. In den vergangenen Jahren brauchte er das Feindbild Griechenland, um Stimmen im nationalistischen Lager zu mobilisieren. Nach der Wiederwahl im Mai kann Erdogan rationaler handeln.
Erdogan braucht Devisen
Die schwere Währungskrise zwingt ihn zu einer Wiederannäherung an die EU und die USA. Dort sitzen Investoren, die dringend benötigte Devisen ins Land bringen könnten. Am Sonntag warb Erdogan in New York bei einem Treffen mit Tesla-Chef Elon Musk um den Bau einer Autofabrik in der Türkei.
Auch bei der Lieferung US-amerikanischer F-16-Kampfjets, um die sich die Türkei seit Langem bemüht, spielt Griechenland eine Schlüsselrolle: Im US-Kongress gibt es viel Unterstützung für die griechische Seite. Diese Unterstützer machen das Geschäft davon abhängig, dass Erdogan auf Kriegsrhetorik gegenüber den Griechen verzichtet und die Beziehungen zu Athen normalisiert. Auch die seit Jahren angestrebte Erweiterung der Zollunion mit der EU kann Erdogan nicht gegen, sondern nur mit Griechenland erreichen.