Migrationspolitik: Disput um Arbeitserlaubnis für Asylbewerber

Artikel von Von Roland Preuß, Berlin S.Z 

 

Rief die Parteien zur Kompromissbereitschaft auf: Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier (re.) mit Bundestagspräsidentin Bärbel Bas beim Festakt zum Tag der Deutschen Einheit.

Rief die Parteien zur Kompromissbereitschaft auf: Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier (re.) mit Bundestagspräsidentin Bärbel Bas beim Festakt zum Tag der Deutschen Einheit. © FABIAN BIMMER/REUTERS

Disput um Arbeitserlaubnis für Asylbewerber

Bei der Asylpolitik beteuern sowohl die Ampelparteien als auch die Union ihre Bereitschaft, gemeinsam eine große Reform zu stemmen, auch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier rief am Montagabend alle demokratischen Parteien zur Zusammenarbeit in der Flüchtlingspolitik auf. Doch wie eine solche Einigung aussehen soll, darüber zeichnen sich harte Konflikte ab. So lehnt die Union die jüngsten Forderungen aus der Ampel nach einer Streichung der verbliebenen Arbeitsverbote für Asylbewerber klar ab. "Ich kann mir eine Zustimmung der Union zur völligen Streichung der Arbeitsverbote in einem Migrationspakt mit der Ampelkoalition nicht vorstellen", sagte Thorsten Frei, der Erste Parlamentarische Geschäftsführer der CDU/CSU-Bundestagsfraktion der Süddeutschen Zeitung. "Man löst damit keine Probleme, sondern schafft neue."

Welche Asylsuchenden arbeiten dürfen, hängt von ihrem Status ab. In den ersten drei Monaten dürfen sie keine Arbeit aufnehmen, danach ist dies grundsätzlich möglich, liegt aber im Ermessen der Ausländerbehörde. Wenn das Asylverfahren nach neun Monaten noch nicht abgeschlossen ist, besteht in der Regel ein Anspruch auf eine Arbeitserlaubnis. Auch anerkannte Asylbewerber dürfen uneingeschränkt arbeiten. Das Verbot bleibt hingegen bestehen, wenn er oder sie aus einem sicheren Herkunftsland wie etwa Ghana kommt oder wenn jemand seine Identität verschleiert, zum Beispiel falsche Angaben zur Herkunft macht. "Für diese beiden Gruppen dürfen wir die Arbeitsverbote auch nicht aufheben", sagte Frei.

Hinter dem Streit steht die Frage, ob Deutschland durch schnellere Arbeitserlaubnisse noch mehr Migranten anzieht als bisher - oder ob man so Städte und Gemeinden entlastet, weil diese weniger Sozialleistungen aufwenden müssen. Auch Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) sprach sich im SWR dafür aus, dass mehr Asylbewerber arbeiten können. Er schränkte allerdings ein: Man dürfe die Themen Flucht und Verfolgung nicht mit Arbeitskräfteeinwanderung verwechseln.

Frei sagte dagegen, eine Arbeitserlaubnis für alle Flüchtlinge würde das Ziel konterkarieren, abgelehnte Bewerber schnell in ihre Heimat zurückzuführen. "Asyl wäre dann der einfachste Weg, um in Deutschland eine Arbeit zu finden." Auch Arbeitgeberpräsident Rainer Dulger warnte vor einer Vermischung der beiden Wege, obwohl Unternehmensvertreter seit Langem über einen Mangel an Arbeitskräften klagen. Die Zuwanderung von Arbeitskräften sei "die gezielte Suche nach Personen für eine sozialversicherungspflichtige Tätigkeit", sagte er. Solche Zuwanderung

biete Chancen für Betriebe. "Bei der irregulären Migration erwartet die Bevölkerung - und mit ihr wir Arbeitgeber - ein entschlossenes Vorgehen auf nationaler und europäischer Ebene."

Angesichts der Schwierigkeiten, die sich da abzeichnen, rief Bundespräsident Steinmeier zur Kompromissbereitschaft auf. Er hoffe sehr, dass die demokratischen Parteien nach den Landtagswahlen in Hessen und Bayern kommenden Sonntag "untereinander zu Verständigungen kommen", sagte er am Montagabend in der ARD. Sollte die Flüchtlingspolitik ein ewiges Streitthema bleiben, würden andere davon profitieren, sagte er, ohne die AfD zu nennen. "Wir brauchen eine Begrenzung der Zugänge, das ist keine Frage."

Bundeskanzler Scholz hatte der Union vor vier Wochen einen "Deutschland-Pakt" zur Erneuerung des Landes vorgeschlagen. Der Kanzler will damit vor allem die Modernisierung der Infrastruktur und schnellere Planungsprozesse vorantreiben, die Union will hingegen zuvorderst über Zuwanderung sprechen - ein Thema, bei dem sich CDU und CSU gegenüber der uneinigen Koalition in der Offensive sehen. CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann hatte Scholz zuletzt mangelnde Gesprächsbereitschaft vorgeworfen und zugleich deutlich gemacht, was die Union neben einer Beibehaltung von Arbeitsverboten verlangt. In einem gemeinsamen Papier mit Frei, das der SZ vorliegt, fordert er von Scholz unter anderem Transitzonen an der Landesgrenze mit einem beschleunigten Verfahren für Asylbewerber, deren Antrag voraussichtlich abgelehnt wird.

Die Bundesregierung müsse zudem die Maghreb-Staaten Nordafrikas und Indien zu sicheren Herkunftsländern erklären, heißt es da. Damit würden auch für Asylbewerber dieser Staaten Arbeitsverbote gelten.