Machtwort des Kanzlers – Deutschland beendet Asylblockade in EU
Von die Welt
Deutschland wird der geplanten Reform des europäischen Asylsystems zustimmen: Der Bundeskanzler hat in der Streitfrage der Bundesregierung offenbar ein Machtwort gesprochen. Die Reform soll den EU-Staaten helfen, illegale Migration zu begrenzen.
Deutschland will die Blockade gegen die sogenannte Krisenverordnung in der EU-Asylpolitik aufgeben. Nach WELT-Informationen hat Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) entschieden, dass die Bundesregierung dem verschärften Asylrecht nicht im Weg stehen wird. Zuerst hatten die „Bild“-Zeitung und die „FAZ“ unter Berufung auf Regierungskreise darüber berichtet.
Laut „Bild“ soll Scholz seine Minister am Mittwochvormittag am Rande einer Kabinettssitzung über seine Entscheidung informiert haben. Der „FAZ“ zufolge erfuhr so auch Außenministerin Annalena Baerbock (Die Grünen) vom Machtwort des Kanzlers. Sie hatte sich bislang gegen die Krisenverordnung ausgebrochen.
Hintergrund sind die Verhandlungen zum gemeinsamen europäischen Asylsystem, mit dem unter anderem irreguläre Migration in die Staatengemeinschaft begrenzt werden soll. Ein Bestandteil davon ist die Krisenverordnung, die im Fall einer besonders großen Zahl von Migranten – wie etwa 2015 – sehr flexible Maßnahmen zulassen würde.
So soll etwa in Krisensituationen der Zeitraum verlängert werden können, in dem Menschen unter haftähnlichen Bedingungen festgehalten werden können. Zudem könnte der Kreis der Menschen vergrößert werden, der für die geplanten strengen Grenzverfahren infrage kommt. Baerbock hatte noch am Sonntag in einem langen Beitrag auf X (früher Twitter) vor der Krisenverordnung gewarnt.
Aus Ärger über den Stillstand kündigte das Europaparlament in der vergangenen Woche an, andere Teile der Verhandlungen über die geplante Asylreform bis auf Weiteres zu blockieren. Brisant sind die Verzögerungen vor allem wegen der nahenden Europawahl im Juni 2024. Projekte, die bis dahin nicht mit den Regierungen der Mitgliedstaaten ausgehandelt sind, könnten anschließend wieder infrage gestellt werden und sich lange verzögern.
Bundesregierung werde ihrer Verantwortung gerecht, sagt Lindner
Finanzminister Christian Lindner (FDP) hatte am Mittwoch vor Bekanntwerden von Scholz
Entscheidung erklärt, er rechne mit einer Zustimmung Deutschlands zur geplanten europäischen Asylpolitik. „Ich bin zwischenzeitlich zuversichtlich, dass die Bundesregierung dem Asylpaket auf der europäischen Ebene zustimmen wird“, sagte der FDP-Politiker bei einer Regierungsbefragung im Bundestag.
Damit sei ein grundlegender Paradigmenwechsel verbunden, darunter der Schutz der europäischen Außengrenze, die Vereinfachung der Asylverfahren und „die Verlagerung der Stellung eines Asylantrags in den Bereich außerhalb der Europäischen Union“. Die Bundesregierung werde ihrer Verantwortung gerecht.