Sozialleistungen: Rechnungshof rügt Bürgergeld-Pläne
Mitnahme- und Missbrauchsmöglichkeiten": Die Rechnungsprüfer kritisieren den Gesetzesentwurf der Bundesregierung zum Bürgergeld, das Hartz IV ablösen soll.
Rechnungshof rügt Bürgergeld-Pläne
Der Bundesrechnungshof übt Kritik am Gesetzesentwurf der Bundesregierung zum geplanten Bürgergeld, das zum Jahreswechsel das Hartz-IV-System ablösen soll. Einige Änderungen seien grundsätzlich begrüßenswert, heißt es in einem Bericht des Rechnungshofs an den Haushaltsausschuss des Bundestags, der der SZ vorliegt und über den zunächst das Handelsblatt berichtete. Einige Elemente könnten sich jedoch "als kontraproduktiv erweisen und zu vermeidbaren finanziellen Risiken für den Bundeshaushalt führen."
Anstoß nehmen die Rechnungsprüfer insbesondere an den geplanten Grenzen, unterhalb derer das Vermögen von Bürgergeldbeziehern während einer Übergangszeit von zwei Jahren nicht angetastet werden soll. Jede leistungsberechtigte Person darf demnach 60 000 Euro besitzen, jede weitere Person im Haushalt 30 000 Euro. Auch das Wohneigentum soll nicht angetastet werden. "So könnte beispielsweise ein Ehepaar mit zwei Kindern trotz 150 000 Euro Spar- und Barvermögens, weiterem Vermögen, das der Altersvorsorge dient, zwei Kraftfahrzeugen und selbstgenutzten Wohneigentums (jeder Größe) Bürgergeld erhalten", schreibt der Bundesrechnungshof. Das sei unverhältnismäßig. "Der Bundeshaushalt sollte nicht mit dem Leistungsbezug von Personen belastet werden, bei denen grundsätzlich von einer ausreichenden Eigenleistungsfähigkeit ausgegangen werden kann."
Sanktionen könnten auch positive Auswirkungen haben
Die Übergangszeit von zwei Jahren, nach der Vermögen auch unterhalb der 60 000-Euro-Grenze angerechnet und die Angemessenheit der Wohnung überprüft wird, sei zu lang. Kritisch sieht der Bundesrechnungshof auch, dass Menschen, die Bürgergeld beantragen, keine detaillierten Angaben zu ihrem Vermögen machen müssen. Stattdessen müssen sie lediglich erklären, nicht mehr Geld als erlaubt zu besitzen. Dies eröffne "Mitnahme- und Missbrauchsmöglichkeiten".
Viertens schließlich kritisiert der Bundesrechnungshof, dass es während der sogenannten "Vertrauenszeit", den ersten sechs Monaten des Bürgergeldbezugs, keine Sanktionen gibt, wenn die Empfänger erstmalig Termine versäumen. Erst im Wiederholungsfall kann die Unterstützung um zehn Prozent gekürzt werden, auf diesen Kompromiss hatte sich die Koalition nach langem Ringen geeinigt. Die Rechnungsprüfer finden das falsch. Sanktionen könnten sich "positiv auf die Zusammenarbeit der Leistungsberechtigten mit dem Jobcenter" auswirken und dazu führen, dass die Bezieher schneller wieder in Arbeit vermittelt werden könnten.
Eine Sprecherin des Bundesarbeitsministeriums sagte der SZ, die geplanten Regeln zum Schonvermögen seien sinnvoll. "Gerade in den ersten beiden Jahren des Leistungsbezugs finden mehr als die Hälfte der Menschen wieder Arbeit. Niemand soll die Sorge haben, innerhalb kürzester Zeit in eine Art 'Abwärtsspirale' zu gelangen und sein gewohntes Lebensumfeld aufgeben zu müssen." Der Haushaltspolitiker und Bürgergeld-Experte Jens Teutrine (FDP) sagte, die Erhöhung der Freibeträge entspreche nicht mehr als der einem Ausgleich der Inflation. Seit Einführung der Hartz-Gesetze im Jahr 2005 sei das Schonvermögen nie an die Teuerung angepasst worden.