Türkei: Präsident Erdogan macht Stimmung gegen Schwule und Lesben

Sebastian Ahlefeld 

 

Türkei: Präsident Erdogan macht Stimmung gegen Schwule und Lesben © Bereitgestellt von Berliner Zeitun

 

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan will die traditionelle Familie stärken und kündigt Schritte gegen Schwule, Lesben, Bi- und Transsexuelle (LSBT) an. „Denn eine starke Nation setzt eine starke Familie voraus“, sagte Erdogan nach Angaben der staatlichen Nachrichtenagentur Anadolu am Freitag. Damit reagiert er auf die Anti-LSBT-Proteste, die zurzeit in der Türkei aufmarschieren. Auf Bannern standen unter anderem: „Schütze Deine Familie und Deine Generation“.

Präsident Erdogan erklärte in seiner Rede weiter: „In letzter Zeit haben sie der Gesellschaft LSBT untergejubelt. Mit LSBT streben sie danach, unsere Familienstruktur zu degenerieren“. Daher müsse man tun, „was nötig ist“.

Adressaten des türkischen Machthabers sind vor allem Wähler, denen er ein religiös-konservatives Gegenangebot zu den liberalen Kräften in der Türkei anbieten will. Die Liberalen sind insbesondere in den türkischen Metropolen sehr erfolgreich. Sein möglicher Gegenkandidat für die Präsidentenwahl 2023, der türkische Oppositionsführer Kemal Kilicdaroglu reagiert auf Twitter umgehend und bezeichnet Erdogan als „Despoten“.

Seit vielen Jahren sind queere Menschen in der Türkei massiven Repressalien ausgesetzt. Die türkische Regierung geht mit Verboten und Schikanen gegen die Community vor. Hilfsorganisationen wird es sehr schwer gemacht, ihre Arbeit nachzugehen. Bei LSBT-feindliche Übergriffe bleiben Polizei und Staatsanwaltschaft bei der Täterermittlung untätig. Seit Jahren werden die CSD-Paraden verboten und aufmarschierte Menschen mit der Regenbogenfahne in der Hand werden von der Polizei mit Wasserwerfern und Schlagstöcken niedergeschlagen.

Die Äußerungen und damit verbundene Hetze gegen die LSBT-Community schwappen auch über das Mittelmeer bis zu uns nach Berlin. Je stärker die staatlichen und religiösen Repressalien in der Türkei werden, umso stärker wird auch in Berlin der Hass gegenüber Schwulen, Lesben und Trans*. Seit Jahren könne man nicht gefahrlos durch Berliner Stadtteile gehen, die einen hohen Anteil an türkischstämmigen Einwohner haben, berichteten Betroffene. Opfer homofeindlicher Gewalt erklärten danach immer wieder, dass es sich bei den Angreifern um türkisch oder arabischstämmige Täter handelte.

Innerhalb der in Deutschland lebenden türkischen Community kommt es zu stark homofeindlichen Gewalttaten. Gerade schwule Jugendliche mit einem türkischen Familienhintergrund haben es sehr schwer, sich zu outen. Sie werden von der Familie ausgestoßen oder es droht ihnen eine Zwangsheirat.

Viele türkische Homosexuelle suchen in Deutschland Asyl, was nicht selten von deutschen Behörden abgelehnt wird. Neben Russen und Syrer gehören Türken zu der größten Gruppe von Asylsuchenden, die aufgrund ihrer Homosexualität oder Transsexualität in Deutschland Schutz suchen. Aktuell sind viele ukrainische LSBT-Geflüchtete in Deutschland, da diese von den Russen fliehen müssen. Um LSBT-Schutzsuchende vor einer Abschiebung in das Land ihrer Peiniger besser zu schützen, hat die Bundesregierung entsprechende Maßnahmen angekündigt.