Türkische Inflation höher als bei der historisch schwersten Krise 2001

"Weizenernte in der Türkei" widthKırıkkale: Ein Landwirt erntet Weizen auf seinem Feld. Die Preise für Lebensmittel sind in den letzten Monaten in der Türkei enorm gestiegen. Foto: Mustafa Kaya/XinHua/dpa

Die Inflation in der Türkei steigt weiter. Im Juni erhöhten sich die Lebenshaltungskosten gegenüber dem Vorjahresmonat auf 78,62 Prozent.

Besonders Transport und Lebensmittel verteuerten sich auf Jahresbasis deutlich. Somit wurde auch die Inflationsrate bei der historischen Krise 2001 von 73 Prozent überschritten. Auch die Herstellerkosten stiegen weiter: Auf Jahressicht erhöhten sich die Preise, die Produzenten für ihre Güter erhalten, laut Statistikamt im Juni um rund 138 Prozent. Im Vergleich zum Vormonat ist das ein Anstieg von rund 6,8 Prozent. Die Erzeugerpreise fließen in der Regel zeitverzögert und teilweise in die Verbraucherpreise mit ein.

Die Opposition wirft der Regierung vor, die Inflationszahlen zu schönen und geht von einer deutlich höheren Rate aus. Die in Istanbul ansässige Inflations-Forschungsgruppe Enag bezifferte die Teuerung für Juni im Jahresvergleich sogar auf 175,55 Prozent. Gegen den Geschäftsführer der Gruppe läuft ein Verfahren.

Verstärkt Erdoğans Haltung die Krise?

Die Inflationsrate in der Türkei wird durch mehrere Faktoren getrieben. Seit längerem sorgt die schwache Landeswährung Lira für erheblichen Preisauftrieb, da in die Türkei importierte Güter dadurch verteuert werden. Auch steigen die Preise vieler Rohstoffe, nicht zuletzt wegen des russischen Angriffs auf die Ukraine.

Die türkische Notenbank stemmt sich nach Meinung vieler Ökonomen zudem nicht entschlossen genug gegen die hohe Teuerung. Vielmehr haben die Währungshüter ihre Geldpolitik seit vergangenen Sommer gelockert. Nach gängiger ökonomischer Lehre kann eine Erhöhung der Zinsen der Inflation entgegenwirken. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan argumentiert hingegen, dass hohe Zinsen Inflation verursachen. Die Notenbank folgt Erdoğans Linie und verzichtet bislang auf Zinserhöhungen. Sie hält den Leitzins seit Januar bei 14 Prozent.

dpa/dtj