Griechische Inseln: Festnahmen bei Demo gegen Flüchtlingslager

 
 

 
="Migranten in Griechenland - Lager auf Lesbos"
Das soll sich ändern: Eine Frau steht mit einem Baby im Arm und drei kleinen Kindern in einem schlecht ausgestatteten Flüchtlingslager. Foto: Panagiotis Balaskas/AP/dpa

Sie skandierten: „Alle Lager auf den Inseln sollen schließen.“ Demonstranten haben auf der griechischen Insel Lesbos (türkisch Midilli) versucht, den Bau eines neuen Lagers für Geflüchtete zu stoppen. Der Konflikt offenbart ein europäisches Problem.

Wie am Dienstag bekannt wurde, musste die Polizei rund 500 Demonstranten daran hindern, den Ort Vastria zu erreichen, wo das Auffanglager entstehen soll. Bei den Protesten habe es am Montag mehrere Festnahmen gegeben, hieß es im staatlichen Rundfunk.

„Alle Lager auf den Inseln sollen schließen“, skandierten die Demonstranten demnach. Den Berichten zufolge durchbrachen sie an einer Stelle eine Polizeisperre und setzten den Lastwagen einer Baufirma in Brand. Viele Inselbewohner in der östlichen Ägäis wehren sich gegen die Errichtung neuer Flüchtlingslager, die auch mit EU-Mitteln finanziert werden.

Anlagen auf anderen Inseln bereits fertig

Auf Samos, Leros und Kos sind die Anlagen bereits fertiggestellt. Sie sollen den Migranten menschenwürdige Lebensbedingungen bieten, werden aber von Hilfsorganisationen als Gefängnisse kritisiert. Die Lager liegen weitab der Zivilisation, die Bewohner dürfen sie nur zu bestimmten Uhrzeiten verlassen.

Mit der Fertigstellung des Lagers auf Lesbos wird nicht vor Herbst gerechnet. Rund 1.700 Migranten leben dort derzeit noch im Übergangslager Kara Tepe, das nach dem Großbrand des berüchtigten Lagers Moria im September 2020 quasi über Nacht aus dem Boden gestampft wurde.

Innenministerin Faeser will Griechenland helfen

Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) will an dem Plan der alten Bundesregierung festhalten, Griechenland bei der Versorgung und Unterbringung von Flüchtlingen zu unterstützen.

Was die Türkei mit Europas Migrationsdrama zu tun hat

„Die Bundesregierung setzt sich weiterhin für eine Umsetzung des vereinbarten Programms zur Verbesserung der Situation von anerkannt Schutzberechtigten in Griechenland ein und steht diesbezüglich auf unterschiedlichen Ebenen mit ihren griechischen Partnern in Kontakt“, teilte eine Sprecherin am Dienstag auf Anfrage mit.

Neues Leben in Deutschland?

In Deutschland warten aktuell knapp 41.000 Menschen auf eine Asylentscheidung, die zuvor wohl bereits Schutz in Griechenland erhalten haben. Nach Angaben des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (Bamf) liegen bei diesen Ausländern Hinweise vor, dass sie bereits in Griechenland als schutzberechtigt anerkannt wurden.

Hintergrund der sogenannten Sekundärmigration anerkannter Flüchtlinge aus Griechenland in andere EU-Staaten – vor allem nach Deutschland – sind neben familiären Bindungen wohl auch die schwierigen Lebensverhältnisse für Flüchtlinge in Griechenland und die besseren Sozialleistungen in Deutschland.

Griechenland soll deutsche Hilfen annehmen

Wer in Griechenland als Flüchtling anerkannt ist, darf nach Deutschland oder in ein anderes EU-Land reisen, allerdings nur für 90 Tage. Die Bundesregierung verfolge gemäß dem Koalitionsvertrag das Ziel einer „Reduzierung von irregulärer Sekundärmigration in der EU“, sagte die Sprecherin des Ministeriums der Deutschen Presse-Agentur.

Jeder Mitgliedstaat habe die Pflicht, für die Einhaltung der europarechtlichen Vorgaben Sorge zu tragen. Dazu gehörten auch die Anforderungen an Unterbringung und Versorgung. Deutsche Gerichte haben festgestellt, dass Schutzsuchenden in Griechenland Obdachlosigkeit und Not drohten.

Deutsche Absicht hinterlegt

Wohl auch deshalb hatte bereits Faesers Amtsvorgänger, Horst Seehofer (CSU), darauf gedrungen, dass die griechische Regierung deutsche Unterstützung bei der Unterbringung und Versorgung von Flüchtlingen akzeptiert und eine entsprechende Absichtserklärung umsetzt.

dpa/dtj