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Fall Sezen Aksu: Jetzt äußert sich auch Erdoğan – und wie

 

 
Aksu gilt als Pionierin des türkischen Pop. Sie hat sich bisher noch nicht zu der Angelegenheit geäußert. Foto: Sezen Aksu

Die türkische Pop-Ikone Sezen Aksu steht in der Türkei weiter unter Beschuss wegen Zeilen aus einem 2017 erschienenen Lied – nun von höchster Stelle.

Am Freitag sagte Präsident Recep Tayyip Erdoğan im Anschluss an das wöchentliche Freitagsgebet, niemand dürfe schlecht über Adam und „Mutter Eva“ sprechen. „Es ist unsere Pflicht, diese Zungen herauszureißen, wenn nötig.“ Den Namen von Aksu erwähnte er nicht. In dem vor fünf Jahren veröffentlichten Lied „Şahane bir sey yaşamak“ singt Aksu „Grüßt mir die Unwissenden Adam und Eva“. Adam gilt im Islam als Prophet. Die Angelegenheit könnte sich weiter auf die Kunstfreiheit im Land auswirken.

Religiös-konservative Kreise werfen Aksu vor, in dem Song religiöse Werte zu beleidigen. Eine Gruppe von Anwälten hat kürzlich Anzeige gegen die 67-Jährige erstattet und damit für teilweise empörte Diskussionen gesorgt. Zahlreiche Künstler und Politiker hatten sich daraufhin in den sozialen Medien solidarisch mit Aksu gezeigt, darunter auch der in Deutschland lebende Tarkan. Die Schauspieler-Ikone Müjde Ar sagte: „Die Androhung des Präsidenten hat uns verletzt. Er nutzt die Moschee für politische Provokationen. Damit soll die Öffentlichkeit gegen die Künstlerin aufgewiegelt werden. Niemand von uns ist mehr sicher. Aber wir haben nicht vor, uns zu fürchten.“

Musik bald auch unter Kontrolle?

Die Diskussion droht weitreichende Folgen dafür zu haben, welche Musik in der Türkei gespielt werden darf: Die Zeitung „Birgün“ berichtete ebenfalls am Freitag, die türkische Rundfunkbehörde RTÜK habe im Zusammenhang mit der Diskussion um Aksus Lied Sender nun angewiesen, allgemein keine Musik zu spielen, die gegen „nationale“ und moralische Werte verstoße.

Aksu gilt als Pionierin des türkischen Pop. Sie hat sich bisher noch nicht zu der Angelegenheit geäußert. Ihr Fall belegt exemplarisch, in welche Richtung das Land in den letzten Jahren abdriftet. Es ist aber auch durchaus möglich, dass die AKP-MHP-Koalition ihn instrumentalisiert, um damit die heiße Wahlkampfphase einzuläuten. Im kommenden Jahr wird in der Türkei gewählt.

dpa/dtj