Wer ist Osman Kavala? Millionenerbe, Kulturmäzen – und ein Gegner Erdogans
Mit Kunst und Kultur lasse sich die Polarisierung in der türkischen Politik überwinden, hofft Osman Kavala. Sein Engagement brachte ihn ins Gefängnis.
„Ich stehe für kulturelle Vielfalt und dafür, gemeinsame Werte zu fördern“, so stellte sich der Millionenerbe und Kulturmäzen Osman Kavala einmal im Interview vor. Mit seiner Stiftung „Anadolu Kültür“ setzte Kavala sich für den Erhalt der Kulturen von Anatolien – von den Armeniern über die Kurden bis zu den Jesiden – ein, die er vor dem Vergessen und der Zerstörung bewahren wollte. Die kulturelle Zusammenarbeit mit Europa und der Dialog mit Armenien sind weitere Schwerpunkte seiner Stiftung, die ihre Arbeit auch seit seiner Inhaftierung fortsetzt.
Das Leitmotiv der kulturellen Vielfalt und Verständigung prägte den Lebensweg des Unternehmersohns von Anfang an. Bei einem Auslandsaufenthalt der Familie 1957 in Paris geboren, ist Osman Kavala der Enkel eines muslimischen Tabakbauern aus Griechenland, der beim Bevölkerungsaustausch von 1923 vertrieben wurde und nach der Umsiedlung in die Türkei den Namen seiner griechischen Heimatstadt Kavala annahm.
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Schon immer habe er sich deshalb für die Griechen interessiert und ihre Freundschaft gesucht, erzählte Osman Kavala im Interview, obgleich die Beziehungen zwischen der Türkei und Griechenland in seiner Jugend von der Zypernkrise und Gebietsstreitigkeiten in der Ägäis geprägt waren.
Mit Mitte 20 gründete er zusammen mit den Schriftstellern Yasar Kemal und Aziz Nesin, dem Archäologen Ekrem Akurgal und dem griechischen Komponisten Mikis Theodorakis den „Türkisch-Griechischen Freundschaftsverein“ – in den 1980er-Jahren eine bahnbrechende Initiative, die zur politischen Entspannung zwischen Athen und Ankara beitrug.
Kavala war damals gerade aus New York zurückgekehrt, wo er studierte, bis sein Vater Mehmet starb und er mit 24 Jahren an die Spitze des Familienunternehmens berufen wurde. Die breit gefächerten Geschäftsfelder des Unternehmens reduzierte er auf Immobilien, Bergbau und digitale Karten, um seine Zeit der Kulturförderung zu widmen. Die Kultur halte er für ein geeigneteres Mittel zur Völkerverständigung als die Politik, begründete Kavala diese Entscheidung.
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„In der Türkei haben wir ernste Probleme mit politischer Betätigung, denn wir haben keine Tradition rationaler öffentlicher Debatte“, sagte er im Interview. „Die türkische Politik ist von Polarisierung geprägt: Wenn man eine politische Aussage trifft, hören andere gar nicht erst zu, weil sie einen längst abgestempelt haben.“ Mit Kunst und Kultur lasse sich die Polarisierung vielleicht überwinden, hoffte er.
Als Kind hatte ich erlebt, dass die Stadt abgeriegelt wurde, weil "die Kommunisten" die Regierung stürzen wollten. In einem Buch beschreibt Nesin selber den Tag so, dass ihm und Freunden befohlen wurde, eine Satirezeitschrift nicht zu veröffentlichen. Als sie sich nicht daran hielten, wurden sie von einem Mob massiv bedroht. Sie saßen zitternd in der Redaktion und hofften, dass die Polizei sie verhaften möge, damit sie heil da raus kommen. Dem Volk wurde die Story als Umsturzversuch von Kommunisten verkauft.
Der Putschversuch, weswegen Kavala vor Gerich soll, war so meschugge angelegt, dass ich mich gleich fragte, ob die Nachrichten stimmen könnten. Wer startet einen Putsch ausgerechnet in Istanbul am Freitag-Nachmittag? Da wollen alle Leute nach Hause und sämtliche Straßen stehen voll Autos. Durch den Verkehr kann man nicht einmal mit einem Bergepanzer. Alle Militärputsche fangen gegen 3 Uhr nachts an. Da schlafen selbst die Wachsoldaten am Kaserneneingang im Stehen. Der größte Teil der Polizei ist zu Hause. Und ziemlich breit (oder besser zu?).
Bei diesem "Putsch" hingegen haben z.B. die Kadetten der Militärakademie eine Polizeistation besetzen wollen. Und wurden mit Maschinengewehren beschossen. Sehr merkwürdig. Seit wann hat die Polizei Militärwaffen?
Der angebliche Drahtzieher des Putsches sitzt in Pennsylvania. Tausende seiner Anhänger beim Militär und bei den Behörden wurden am nächsten Morgen verhaftet. Wo hatte Erdogan bloß die Namen her? Doch nicht direkt von seinem Freund Fetö?
Seltsam alles. Lieber nichts glauben.