Grüne Jugend: Jakob Blasel fordert Absage an Koalition mit Merz-Union – die Reaktionen auf den Tabubruch

Die Union bringt im Bundestag einen Antrag mit Stimmen der AfD durch – und die Konkurrenz schäumt. Vor der CDU-Zentrale kommt es zu Protesten. Und der Grünen-Nachwuchs wendet sich an den eigenen Kanzlerkandidaten.

 

 

 

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                                                 Grüne Jugend: Jakob Blasel fordert Absage an Koalition mit Merz-Union – die Reaktionen auf den Tabubruch © Michael Kappeler / dpa

 

So etwas gab es noch nie im Bundestag: Erstmals hat ein Antrag mithilfe der AfD eine Mehrheit im Parlament gefunden. Die in Teilen als rechtsextrem eingestufte Partei stimmte am Mittwoch für einen Fünf-Punkte-Plan der Union zur Verschärfung der Migrationspolitik. Dies führte zu heftiger Kritik an Unionskanzlerkandidat Friedrich Merz, der im Vorfeld ausdrücklich mit Stimmen der AfD gerechnet hatte.mit Merz-Union – die Reaktionen auf den Tabubruch © Michael Kappeler / dpa

Die Führung der Grünen Jugend fordert den Kanzlerkandidaten der Grünen, Robert Habeck, und die Mutterpartei nach der Abstimmung im Bundestag auf, eine Koalition mit Friedrich Merz auszuschließen. »Solange Merz an der Spitze der Union steht, dürfen die Grünen keine Koalition mit CDU und CSU eingehen«, sagte Jakob Blasel, Co-Chef der Grünen Jugend, dem SPIEGEL. »Konservative, die Steigbügelhalter für Nazis sind, können keine Koalitionspartner werden.« Merz habe die Demokratie zum Spielball seines eigenen Wahlkampfs gemacht, so Blasel. Am Freitag stehe die nächste Richtungsentscheidung an. »Jeder und jede Abgeordnete der Union hat dann die Chance, eine Zusammenarbeit mit Faschisten nicht zum Standard in Deutschland werden zu lassen.«

Auch die Linke hat nach dem Votum die Union und mögliche Koalitionspartner scharf kritisiert: »Herr Merz, aller politischen Differenzen zum Trotz hätte ich mir niemals vorstellen können, dass eine christlich-demokratische Partei diesen Dammbruch vollzieht und mit Rechtsextremen paktiert!«, sagte die Spitzenkandidatin der Linken, Heidi Reichinnek. Die Mehrheiten mit der AfD seien keine Zufallsmehrheiten gewesen. »Sie haben diese Mehrheiten gesucht, gemeinsam mit der FDP haben Sie diese Mehrheiten gezielt gesucht und das ist das verdammte Problem und Sie verstehen es bis jetzt noch nicht!«, rief Reichinnek in Richtung Union. Sie forderte SPD und Grüne auf, eine Koalition mit der Union nach der Bundestagswahl auszuschließen.

Historischer Tag«

AfD-Kanzlerkandidatin Alice Weidel hat nach dem ersten durch Zustimmung ihrer Fraktion beschlossenen Antrag im Bundestag von einem »historischen Tag für Deutschland« gesprochen. Es sei ein »Sieg für die Demokratie«, schrieb Weidel am Mittwochabend im Onlinedienst X, nachdem auch Stimmen der AfD im Bundestag einem Migrations-Antrag der Union zur Mehrheit verholfen hatten. Die Fraktion schrieb bei X dazu: »Zum ersten Mal in der siebenjährigen Parlamentsgeschichte der AfD-Fraktion passiert ein Antrag durch unsere Zustimmung den Bundestag«.

Merz verteidigte sein Verhalten. Er bedauere zwar, dass die Mehrheit mit der AfD zustande gekommen sei, sagte er. Die anderen Parteien könnten seiner Fraktion aber »nicht das Recht absprechen, dass wir hier Anträge zur Abstimmung stellen, die wir für richtig halten«. Er macht SPD und Grünen nun ein »Angebot«, sich bis Freitag gemeinsam mit der Union auf ein Gesetz zur Migration zu einigen.

Am Freitag will die Union auch einen Gesetzentwurf zur Abstimmung stellen, der einen Teil der in den Anträgen geforderten Maßnahmen enthält. Hier sind die Chancen für eine Annahme nochmals höher: Für das sogenannte Zustrombegrenzungsgesetz wollen neben Union und AfD erklärtermaßen auch FDP und das BSW stimmen. Das Zustrombegrenzungsgesetz hat drei wesentliche Punkte: Im Aufenthaltsgesetz soll die Begrenzung der Migration als Ziel festgeschrieben werden, der Familiennachzug für subsidiär Schutzbedürftige soll eingestellt werden und die Bundespolizei soll die Befugnis bekommen, selbst Haft oder Gewahrsam für Ausreisepflichtige zu beantragen.

Der Antrag der Union wurde am Mittwoch in namentlicher Abstimmung von 348 Abgeordneten unterstützt. 345 Parlamentarierinnen und Parlamentarier stimmten dagegen, zehn enthielten sich. In dem von Merz angekündigten Fünf-Punkte-Plan fordert die Union unter anderem die generelle Zurückweisung von Asylbewerbern an den deutschen Grenzen. Neben der AfD hatte auch die FDP angekündigt, den Antrag zu unterstützen.