Syrien: Von Ankara unterstützte Kräfte erobern Tal Rifat in Syrien
Nach der Einnahme Aleppos durch ein Islamisten-Bündnis ist die Lage in Nordsyrien unübersichtlich. Protürkische Kräfte nutzen das Chaos für eigene Angriffe – um die Kurden in Bedrängnis zu bringen.
Von der Türkei unterstützte Rebellen haben in Nordsyrien nach heftigen Kämpfen den Ort Tal Rifat erobert. Kräfte der Kurdenmiliz YPG hätten sich aus der Stadt im Norden Aleppos, die sie zuvor kontrolliert hätten, zurückgezogen, meldeten die protürkischen Rebellen. Auch kurdische Militärkreise bestätigten die Entwicklung. Demnach versuchen die kurdischen Kräfte derzeit noch, kurdische Zivilisten aus der Stadt zu holen.
Nach Angaben der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte mit Sitz in Großbritannien übernahmen die von Ankara unterstützten Rebellen auch weitere Orte in der Gegend. Derzeit sitzen noch rund 200.000 Kurden dort fest. Diese fürchteten sich vor Massakern durch die protürkischen Rebellen.
Die von der YPG angeführten Syrischen Demokratischen Kräfte (SDF) kontrollieren große Gebiete in Nordsyrien. Die Türkei will seit langem den Einfluss kurdischer Milizen an ihrer Grenze schwächen.
Von Türkei unterstützte Gruppen nutzen unübersichtliche Situation
Zuletzt war es einem von der Islamistenorganisation Haiat Tahrir al-Scham (HTS) geführtem Bündnis gelungen, syrische Regierungstruppen in kürzester Zeit aus der Stadt Aleppo zu verdrängen und die Kontrolle über die Stadt zu übernehmen. Laut Beobachtern nutzen nun von der Türkei unterstützte Gruppen die unübersichtliche Situation ihrerseits für Angriffe auf die YPG aus.
Die USA sehen in der YPG einen Partner im Kampf gegen die Terrormiliz Islamischer Staat (IS), Ankara stuft die Kurdenmiliz als Terrororganisation ein.
Deutschland und weitere Nato-Staaten fordern Deeskalation
Die USA, Deutschland, Frankreich und Großbritannien haben die Konfliktparteien in Syrien zur Deeskalation aufgefordert. „Wir verfolgen die Entwicklungen in Syrien genau und fordern alle Parteien zur Deeskalation und zum Schutz der Zivilbevölkerung und der Infrastruktur auf“, hieß es in einer gemeinsamen Erklärung der vier Nato-Staaten, die in der Nacht vom US-Außenministerium veröffentlicht wurde. Ziel sei es, weitere Vertreibungen und Unterbrechungen des humanitären Zugangs zu verhindern.
Die derzeitige Eskalation unterstreiche nur die dringende Notwendigkeit einer politischen Lösung des Konflikts unter syrischer Führung im Einklang mit der Resolution 2254 des UN-Sicherheitsrats. Das oberste Gremium der Vereinten Nationen hat eine Reihe von Resolutionen zum Syrienkrieg verabschiedet. Die Resolution 2254 vom 18. Dezember 2015 sieht unter anderem die Vermittlung von Friedensgesprächen der Regierung mit der Opposition vor.
Einem von der Islamistengruppe Haiat Tahrir al-Scham (HTS) angeführten Bündnis von Rebellen war es zuvor gelungen, syrische Regierungstruppen in kürzester Zeit aus Aleppo zu verdrängen und am Wochenende die Kontrolle über die Stadt zu übernehmen. Syriens Machthaber Baschar al-Assad kündigte eine Gegenoffensive an.
Zu den wichtigsten Verbündeten der syrischen Regierung gehört Moskau. Russlands Luftwaffe hatte am Wochenende erstmals seit 2016 wieder in Aleppo angegriffen. Auch andernorts in Nordwestsyrien gab es wieder russische Luftschläge gegen syrische Rebellen. Aktivisten berichten, durch die Angriffe in Aleppo seien zwölf Menschen gestorben und 23 weitere verletzt worden. Russlands Luftwaffe habe Ziele vor einer Klinik im Zentrum der Stadt bombardiert, teilte die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte mit Sitz in London mit. Unter den Todesopfern seien neben Mitgliedern der Islamistengruppe Haiat Tahrir al-Scham (HTS) auch acht Zivilisten.