Außer in einem Punkt: Scholz und Erdoğan rücken enger zusammen

19.10.2024, Istanbul: Bundeskanzler Olaf Scholz (l) und Recep Tayyip Erdoğan, Präsident der Türkei, geben nach ihrem Treffen eine Pressekonferenz. Foto: Khalil Hamra/AP/dpa
 
Die deutsch-türkischen Beziehungen gelten als schwierig. Beim Besuch des Kanzlers in Istanbul zeichnet sich eine Annäherung ab. In einer Frage bleibt aber ein tiefer Graben.

Deutschland und die Türkei wollen nach jahrelanger Zurückhaltung im Rüstungsbereich wieder enger kooperieren. Nach seinem Gespräch mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan nannte Bundeskanzler Olaf Scholz es „selbstverständlich“, dass der NATO-Partner Türkei deutsche Waffen erhält und zeigte sich sogar offen für die Lieferung von Eurofighter-Kampfjets. Zur offenen Konfrontation der beiden kam es dagegen beim Thema Nahost.

Kurz vor dem zweiten Türkei-Besuch des Kanzlers in seiner bisher dreijährigen Amtszeit war bekanntgeworden, dass die Bundesregierung wieder in größerem Stil Rüstungsexporte in die Türkei zulässt. In diesem Jahr wurden bis zum 13. Oktober bereits 69 Genehmigungen im Wert von 103 Millionen erteilt. Darunter waren Kriegswaffen für 840.000 Euro.

Der Wert der für die Türkei genehmigten Exporte liegt damit erstmals seit 2011 wieder im dreistelligen Millionenbereich. Zuletzt wurde der Export von 28 Torpedos und 101 Lenkflugkörpern genehmigt. Bis zum gescheiterten Militärputsch in der Türkei 2016 und dem Einmarsch in Nordsyrien hatte die Bundesregierung in großem Stil Rüstungsexporte in das Land genehmigt, sie dann aber deutlich zurückgefahren. Die Lieferungen gelten nicht nur wegen des internationalen Agierens der Türkei, sondern auch wegen der Menschenrechtslage im Land umstritten.

Gespräche über Eurofighter werden „vorangetrieben“

Zum angestrebten Kauf der Türkei von 40 Eurofighter-Kampfjets verwies Scholz (SPD) darauf, dass darüber Gespräche zwischen Großbritannien und der Türkei geführt würden. Das sei etwas, „das sich weiterentwickeln wird, aber jetzt von dort vorangetrieben wird“.

Die Jets werden von Deutschland mitproduziert. Die Bundesregierung muss dafür ihre Zustimmung erteilen. Erdoğan zeigte sich zufrieden und sagte, man wolle die Probleme der Vergangenheit im Zusammenhang mit der Beschaffung von Produkten der Verteidigungsindustrie „endlich hinter uns lassen“.

Deutsch-türkische Regierungskonsultationen vor Comeback

Nach fast neun Jahren Pause wollen Scholz und Erdoğan auch die deutsch-türkischen Regierungskonsultationen wiederbeleben. Das sind Treffen, an denen neben den Regierungschefs beider Länder auch mehrere Minister teilnehmen. Scholz nannte die Wiederaufnahme des Formats ein „sichtbares Zeichen“ für die Qualität der Beziehungen.

Auf die Frage nach konkreten Ergebnissen beim Thema Migration und Abschiebungen hielten sich beide Seiten aber bedeckt. Die Bundesregierung will nicht nur nach Afghanistan, sondern auch nach Syrien wieder Straftäter abschieben. Dafür sucht sie Kooperationspartner. Scholz bekräftigte zwar seinen Willen, auch nach Syrien wieder abzuschieben. Der Frage, ob die Türkei helfen könne, wich er aber aus.