Grünenabgeordnete kritisieren Özdemir für Aussage über Migrationsprobleme

Landwirtschaftsminister Özdemir berichtet von unangenehmen Erfahrungen, die seine Tochter mit Migranten machen musste – und drängt auf eine Asyldebatte bei den Grünen. Teile der Partei gehen ihn nun scharf an

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                            Grünen-Landwirtschaftsminister Cem Özdemir: »Moralisch schon krass disqualifizierend«

Der Grüne Cem Özdemir hat das »liberal-progressive Lager« seiner Partei aufgefordert, die eigene Migrationspolitik zu überdenken – Zitate über seine Tochter inklusive. Der Debattenvorstoß sorgt nun für herben Widerstand in der eigenen Partei. »Es ist unfassbar, die eigene Tochter so zu instrumentalisieren«, sagte eine grüne Bundestagsabgeordnete dem SPIEGEL. »Das ist moralisch schon krass disqualifizierend.«

Auch der Leiter der Grünen im Europaparlament, Erik Marquardt, geht indirekt Özdemir an. »Die Grünen sind keine Partei, die sich mehrheitlich dazu entscheidet, rechten Narrativen hinterherzulaufen«, schrieb Marquardt auf X. Man müsse realen Problemen mit ernsthaften Antworten begegnen. »Unsere Aufgabe ist es, Menschen aufzuzeigen, dass wir in der Migrationspolitik über Menschen reden, deren Würde und Freiheit im Mittelpunkt grüner Politik steht«, so Marquardt.

Die Kritik entzündet sich an einem Beitrag, den Landwirtschaftsminister Özdemir für die »Frankfurter Allgemeine Zeitung« (»FAZ«) geschrieben hatte  . Er schrieb darin über »Zumutungen«, denen seine Tochter in Berlin ausgesetzt sei, wo sie und ihre Freundinnen »von Männern mit Migrationshintergrund unangenehm begafft oder sexualisiert werden«. Sie habe, schreibt er, sich zwar wie viele Frauen ein dickes Fell zugelegt, doch spüre er, was sie umtreibt und wie enttäuscht sie sei, dass »nicht offensiver thematisiert wird, was dahintersteckt: die patriarchalen Strukturen und die Rolle der Frau in vielen islamisch geprägten Ländern«Die Kritik entzündet sich an einem Beitrag, den Landwirtschaftsminister Özdemir für die »Frankfurter Allgemeine Zeitung« (»FAZ«) geschrieben hatte  . Er schrieb darin über »Zumutungen«, denen seine Tochter in Berlin ausgesetzt sei, wo sie und ihre Freundinnen »von Männern mit Migrationshintergrund unangenehm begafft oder sexualisiert werden«. Sie habe, schreibt er, sich zwar wie viele Frauen ein dickes Fell zugelegt, doch spüre er, was sie umtreibt und wie enttäuscht sie sei, dass »nicht offensiver thematisiert wird, was dahintersteckt: die patriarchalen Strukturen und die Rolle der Frau in vielen islamisch geprägten Ländern«

Kein Ruf nach »Härte, Härte, Härte!«

Man müsse, so Özdemir, die »Realitäten sehen und benennen«. Und »uns eingestehen, dass wir es uns in der Echokammer der eigenen Selbstvergewisserung viel zu gemütlich eingerichtet haben – links wie rechts«. Er sei überzeugt, dass es der AfD am meisten nütze, wenn »real existierende Probleme, die diese Rechtsextremisten politisch ausbeuten wollen, von uns aus Angst und falscher Rücksichtnahme gar nicht erst thematisiert werden«.

Im gleichen Beitrag betont Özdemir aber auch Rassismuserfahrungen, die seine Tochter bei einem Ausflug mit einer dunkelhäutigen Freundin an die ostdeutsche Ostsee gemacht habe. »Es waren vor allem Jugendliche, auch Kinder, die ihr im Pulk so zusetzten«, dass sie an die Ostsee so schnell nicht wieder wolle.

Noch-Grünenchef Omid Nouripour hatte sich auf Nachfrage zum Beitrag des Parteikollegen im ARD-Talk von Caren Miosga ausweichend geäußert. So fehle Geld und Personal für die Integrationsarbeit für Neuankömmlinge aus anderen Kulturkreisen. Zugleich erfülle ihn der Mainstream-Ruf nach »Härte, Härte, Härte!« in der Migrationsfrage mit Sorge.

 

Foto: Kay Nietfeld / dpa