Berlin: SPD-Mitglieder kritisieren Migrationspolitik der Ampel
von der Spiegel
Grenzkontrollen und Abschiebeflüge nach Afghanistan: Die Ampel geht in der Migrationspolitik mit neuer Härte vor. Mehr als 200 SPD-Mitglieder sehen die Werte der Sozialdemokratie gefährdet.
Nach dem Attentat in Solingen fährt die Bundesregierung einen deutlich härteren Kurs in der Migrationspolitik. Vielen Mitgliedern der SPD geht das zu weit. In einem offenen Brief fordern sie führende Sozialdemokraten auf, das Asylrecht zu verteidigen und Menschenrechte zu wahren.
»Es kann und darf jedoch nicht der Fall sein, dass das Ziel, Bürger*innen zu schützen, genutzt wird, um Menschen pauschal auszugrenzen, ganze Gruppen der Gesellschaft zu stigmatisieren und rassistische und fremdenfeindliche Narrative zu bedienen«, heißt es in dem Brief. Unter den Unterzeichnern finden sich vor allem Berliner Lokalpolitiker, aber auch Mitglieder des Bundestags und Europaparlaments.
rauer, Wut und Entsetzen
Diese hätten mit Trauer, Wut und Entsetzen verfolgt, wie führende Sozialdemokraten und -demokratinnen einen Diskurs der Ausgrenzung und Stigmatisierung mit befeuert hätten. Darunter verstehen Unterzeichner etwa Maßnahmen von Zurückweisungen an der Grenze, aber auch die Darstellung grenznaher Inhaftierungen als »vermeintliche Lösung für ein so komplexes Problem wie Extremismus«.
Nach dem Terroranschlag des Syrers Issa Al H. Ende August auf ein Stadtfest in Solingen wird in der Bundespolitik wieder über Migration diskutiert. CDU-Chef Friedrich Merz hatte nach dem Anschlag in der Solinger Innenstadt mit drei Toten und acht Verletzten unter anderem einen Aufnahmestopp für Geflohene aus Syrien und Afghanistan sowie Abschiebungen in diese Länder gefordert.
Anfang September hatte Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) Grenzkontrollen an deutschen Außengrenzen angekündigt, zudem waren erstmals verurteilte Straftäter nach Afghanistan abgeschoben worden. Kanzler Olaf Scholz hatte schon Monate zuvor einen neuen Kurs der Härte in der Asylpolitik beschworen, nun wird dieser umgesetzt.
»Die vorgeschlagenen Maßnahmen der Kürzung der Sozialleistungen unter das Existenzminimum und Hinderung der Einreise entmenschlichen Asylsuchende und sind dabei weder mit dem europäischen Gedanken, dem europäischen Recht, noch mit dem deutschen Grundgesetz vereinbar«, heißt es in dem Brief weiter. Damit würden rechtspopulistische und -extreme Narrative gestärkt werden.
»Die SPD darf nie die menschenfeindlichen Narrative und Positionen rechter Parteien aufgreifen und damit normalisieren«, heißt es, deshalb wolle man die SPD-Spitze im Bundestag, in der Bundesregierung und im Willy-Brandt-Haus dazu auffordern, sich für eine humane Asylpolitik einzusetzen.