Das steht im Wahlprogramm der umstrittenen Dava

Geschichte von RP ONLINE • 2 Std.

 Düsseldorf. Schutz der traditionellen Familie, 14 Euro Mindestlohn und eine Stärkung muslimischer Verbände: Das Parteiprogramm der Dava ist wertkonservativ und sozialpolitisch links. Welche konkreten Punkte aus Sicht von Experten fehlen und wie sie die sonstigen Inhalte bewerten.

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                                                     Politikwissenschaftler Çiçek über das Dava-Wahlprogramm: „Versuch, eine Art von Seriosität und Ernsthaftigkeit zu vermitteln“

Die neue Vereinigung „Demokratische Allianz für Vielfalt und Aufbruch“ (Dava) will politisch Heimatlosen ein Angebot machen. Bereits bei den Europawahlen plant die Gruppierung nach Aussage ihres Vorsitzenden Teyfik Özcan anzutreten. „Wir haben ein Potenzial von fünf Millionen Wählern“, sagt er. Er will vor allem bei ethnischen Minderheiten punkten. Inwiefern Dava das gelingen kann, ist laut Experten unklar. Doch was sind die selbsterklärten Ziele der Vereinigung, der Kritiker eine Nähe zur türkischen AKP von Recep Tayyip Erdogan vorwerfen? Antworten hierauf finden sich im 19 Seiten umfassenden Wahlprogramm, das unserer Redaktion vorliegt. Aus ihm lassen sich einige interessante Erkenntnisse gewinnen.

1. In der Sozialpolitik ist Dava links

Der Mindestlohn soll nach Vorstellung der Gruppe von 12,41 Euro auf 14 Euro steigen. Kinder- und Jugendarmut soll mit besserer Bildung bekämpft werden, bei den Themen Rente und Altersarmut wird das Programm noch konkreter. „Die aktuellen Zahlen zeigen, dass die Renten in Deutschland im Vergleich zu anderen Ländern wie den Niederlanden, wo die Rentenhöhe 89,2 Prozent des letzten Gehalts beträgt, zu niedrig sind“, heißt es. Außerdem ist die politische Kraft für ein flexibles Renteneintrittsalter zwischen 63 und 67 Jahren – ohne finanzielle Einbußen.

Wie das bezahlt werden soll, führt Dava nicht aus. Der Politik- und Religionswissenschaftler Hüseyin Çiçek, der an der Academy of International Affairs NRW in Bonn und am Institut für Religionswissenschaft an der Universität zu Wien arbeitet, zweifelt die Umsetzung der Ziele auch in Anbetracht der Schuldenbremse an. Er sagt: „Es ist fraglich, wie das Geld vor diesem Hintergrund umgeschichtet werden soll.“

. Dava setzt sich für eine Stärkung des Islam ein

In vielen anderen Fragen zeigt sich Dava wertkonservativ. Die Gruppe spricht sich für „traditionelle Familienwerte“ aus und für Lehrpläne, „die die biologischen Grundlagen von Geschlecht anerkennen“. Alternative Lebensgemeinschaften zählt das Wahlprogramm nicht auf. Beim Thema Abtreibungen vertritt die Vereinigung eine „pro-life Position“. Sie befürwortet Beratungen, „um Alternativen zur Abtreibung aufzuzeigen“. Die Familie bezeichnet sie als „Kernzelle“, die gefördert und geschützt werden müsse. Dava-Chef Özcan bezeichnet seine Kraft als „pragmatisch und am ehesten Mitte-rechts verortet“.

Eine besondere Rolle im Programm spielt der Islam. „Dava fordert die Anerkennung muslimischer Verbände als Religionsgemeinschaften und deren Gewährung der Körperschaft des öffentlichen Rechts.“ Damit würden die Verbände als juristische Person gelten und Rechte, aber auch Pflichten genießen. Dava setzt sich außerdem dafür ein, dass muslimisch-religiöse Feiertage anerkannt werden – lässt aber offen, was das genau bedeuten soll. Außerdem spricht sich die Gruppe für einen Islambeauftragten in jedem europäischen Land ein.

Die Bekämpfung von Antisemitismus kommt in Aufzählungen zwar an mehreren Stellen vor. Als zentraler erachtet die Gruppe aber offenbar den Kampf gegen Islamfeindlichkeit. Der entsprechende Oberpunkt wird auf einer ganzen Seite ausgebreitet.

3. Um die Türkei geht es im Programm nicht

Das Schlagwort „Türkei“ kommt in dem Wahlprogramm nicht vor. Allerdings soll Türkisch nach Vorstellung der Gruppe als zweite Fremdsprache an Schulen eingeführt werden. Politikwissenschaftler Çiçek weist darauf hin, dass die Männer, die hinter Dava stecken, in der Einflusssphäre von Ditib und anderen islamistisch-türkischen Gruppierungen sozialisiert worden seien. „Daraus könnte man schlussfolgern, dass ihr politisches Verständnis stark von der türkischen Politik beeinflusst ist“, sagt er. Dava-Chef Özcan wehrt sich gegen den Vorwurf, seine Vereinigung sei eine deutsche Erdogan-Partei. „Die uns beschuldigen, sollen Beweise auf den Tisch legen. Wir wollen Deutschland moderner gestalten. Das Thema Türkei steht nicht im Vordergrund“, sagte er unserer Redaktion.

4. In vielen Fragen positioniert sich Dava gar nicht

In der Außenpolitik spricht sich Dava für eine Zwei-Staaten-Lösung im Israel-Palästina-Konflikt aus. Vieles andere lässt die Gruppe aber offen. „Es gibt keine Positionierung zum Ukraine-Krieg, keine zu den Uiguren in China, keine zu den Jesiden, Kurden oder zum afrikanischen Kontinent“, sagt Çiçek. Auch das Thema Innenpolitik findet sich in den 17 Oberpunkten nicht wieder.

Für Çiçek geht aus den Inhalten insgesamt wenig Konkretes hervor. Auf ihn wirke das Formulierte eher floskelhaft als gefährlich. „Dava hat ein Schönwetter-Parteiprogramm erstellt, in dem jeder etwas finden kann, mit dem er sich identifizieren kann“, bilanziert er. Çiçek sieht darin einen „Versuch, eine Art von Seriosität und Ernsthaftigkeit zu vermitteln.“

  P.S:  Die Gründer der Dava-partei , haben keine Kenntnis von der Einwanderungsbewegung in Europa und den gewünschten Forderungen. Denn sie haben keine Ahnung, was die Probleme der EinwanderInnen in Europa sind und wie sie gelöst werden können.

 

 PS: Umstritten Dava -Partei will 2025 bei Bundestagswahl antreten.