Migration weitet Nachhaltigkeitslücke

Zuwanderung kostet mehr als sie bringt – Stiftung Marktwirtschaft nennt üppigen Sozialstaat als Ursache

Mit staatlich beflügelter Migration will die Bundesregierung die Probleme des demografischen Wandels und den Facharbeitermangel lösen. Die Stiftung Marktwirtschaft legt mit der neuen Generationenbilanz Zahlen vor, nach denen dies selbst bei qualifizierter Zuwanderung nicht gelingen kann. Migration ist ein Kostenfaktor.

Eine verstärkte Migration wird die Nachhaltigkeitslücke der öffentlichen Haushalte nicht schließen. Dies ist die Aussage der Berechnungen der Generationenbilanz 2023 der Stiftung Marktwirtschaft. Stiftungsvorstand Bernd Raffelhüschen forderte vor der Presse eine grundlegende und dringliche Neuausrichtung der Sozialpolitik.

Deutsche wandern aus

„Migration ist einen Kostenfaktor“, sagte Raffelhüschen bei der Vorstellung der Zahlen. Zugleich lege das Forschungsergebnis nahe, dass Migration so gesteuert werden müsse, dass qualifizierte Arbeitskräfte nach Deutschland einwanderten. Stiftungsvorstand Michael Eilfort zeigte zudem auf, dass in Deutschland die heimische Bevölkerung abwandere. Vor allem jüngere Deutsche verließen ihr Heimatland. Der Saldo der Zuzüge und Wegzüge – kumuliert in den Jahren 2014 bis 2020 – sei mit einer Nettoabwanderung von 408.000 Personen negativ. Abgewandert waren in der Zeit 1,16 Millionen Deutsche. Dies betrifft vor allem die Altersgruppe von 20 bis 45 – weniger die Rentner, die vermeintlich in den sonnigen Süden ziehen.

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Migration weitet Nachhaltigkeitslücke © Bereitgestellt von Börsen-Zeitung
 
Die Nachhaltigkeitslücke durch eine Weiterführung der bisherigen Form der Migration in Deutschland summiert sich nach den Berechnungen des Forschungszentrums „Generationenverträge“ zu einer Nachhaltigkeitslücke von 447,8% des Bruttoinlandsprodukts (BIP). Die Generationenbilanz beruht auf Zahlen des Statistischen Bundesamtes Destatis. Saldiert werden dafür alle Nettozahlungen und Einnahmen des Staates über die Lebensdauer aller Altersklassen. In dieser Höhe sind staatliche Ausgaben in der Zukunft nicht gedeckt. Dabei wird die sofortige Integration von Migranten in den Arbeitsmarkt unterstellt, wie es in internationalen Statistiken üblich ist.

Migration braucht Zeit

In einem weiteren Szenario wurde eine Integrationsdauer von sechs Jahren unterstellt. Dies führt zu geringeren Nettozahlungen der Migranten im Vergleich zur heimischen Bevölkerung. Die Nachhaltigkeitslücke steigt damit auf 497,1% des BIP. In einem hypothetischen Szenario ohne Migration läge die Nachhaltigkeitslücke mit 347,4% deutlich niedriger. „Die fiskalische Bilanz zukünftiger Zuwanderung ist somit negativ“, konstatierten Raffelhüschen und Eilfort. Bei einer angenommenen Zuwanderung von 293.000 Personen beträgt der Effekt das Anderthalbfache der aktuellen jährlichen Wirtschaftsleistung.

In einem weiteren Szenario haben die Forscher zusätzlich zur Basismigration von 293.000 Personen eine weitere Zuwanderung von 109.000 Menschen mit einer Berufsausbildung oder einem Hochschulabschluss unterstellt. Die Nachhaltigkeitslücke würde den Forschern zufolge um 39,5 Prozentpunkte des BIP verringert. Würden die migrationspolitischen Maßnahmen verbessert, sodass die Hälfte gut qualifiziert ist, würde dies die Nachhaltigkeitslücke um 64 Prozentpunkte verringern. Eine Kombination aus erhöhter Erwerbsmigration und besserer Qualifikation könnte die Nachhaltigkeitslücke um 127,7 Prozentpunkte des BIP verringern, aber den Effekt immer noch nicht ins Positive drehen.

Raffelhüschen und Eilfort führen die Probleme weniger auf die Migration als auf einen zu großzügigen Sozialstaat zurück, der dauerhaft über seine Verhältnisse lebe. Der Staat verspreche den Bürgern mehr Leistungen, als sie über den Lebenszyklus finanzierten. Die Folgen des demografischen Wandels könnten nicht über Migration finanziert werden. Die größten Potenziale für den Arbeitsmarkt lägen in einer längeren Lebensarbeitszeit der älteren Deutschen, die derzeit mit rund 61 Jahren in den Ruhestand träten. Eine weitere Reserve liege bei den Frauen. Die Beschäftigung in Deutschland reiche an das schwedische Spitzenniveau heran, aber viele Frauen arbeiteten in der geringer bezahlten Teilzeit. Für eine solide Staatsfinanzierung müsse die Sozialausgabenquote um ein Drittel sinken – auf das Niveau der 1970er bis 1990er Jahre.

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